Nur wer sich zeigt ….

…. kann auch gesehen werden! Das ist zumindest für mich die wichtigste Erkenntnis aus einem Gespräch beim Barcamp Ruhr #bcruhr8 und der Session von @LeseratteJ und @JuliaSpunkt zum Thema „Quereinstieg in Social Media“.

Karsten Lohmeyer hat bei seinem Auftritt auf der „Rock the Blog 2015“ am Beispiel „Bloggen“ die Chancen, die wir heute – als potentielle selbständige Publizisten aber auch als Prosumenten im Sinne von Rifkin – haben, sehr schön herausgearbeitet. Noch wichtiger: er hat eindrucksvoll berichtet, was er selbst aus dieser Chance gemacht hat. Aber zum Ergreifen dieser Chance gehört auch Selbstmarketing und da kommen wir zum Thema Social Media. Was aber braucht man, um Social Media – vor allem im Beruf – „erfolgreich“ einzusetzen zu können?

Was zählt? Zertifikat oder Wissen?
Der Bereich Social Media hat sich in den letzten Jahren enorm entwickelt. Wenn ich an meine ersten „interaktiven“ Schritte im Internet zurückblicke, dann denke ich vor allem an Mailinglisten und Foren. Auch wenn die Entwicklung im Rückblick rasant erscheint, so hatte ich doch die Chance nach und nach in diesen Bereich hereinzuwachsen, Plattformen und Interaktionsformen auszuprobieren (und auch wieder zu verwerfen) und Vorlieben zu entwickeln.

Als „Social Media“ Einzug hielt, war ich schon berufstätig, während meines Studiums gab es diesen Bereich noch nicht. Aber auch heute ist „Social Media“ in vielen (vermutlich den meisten) Ausbildungs- und Studiengängen (noch) kein Thema, auch heute müssen Berufsanfänger und Jobwechsler sich diese Kenntnisse selbst aneignen – um sich selbst zu vermarkten, um ihre Chancen auf einen guten Job zu erhöhen oder auch für einen richtigen Quereinstieg. Schon seit geraumer Zeit werden von vielen Einrichtungen entsprechende Kurse angeboten. Ich selbst bin als Dozentin für den Bereich „Recht“ in einem Kursangebot der LVQ für angehende Social-Media-Manager tätig. Also ein Kurs mit Zertifikat als richtiger Weg?

Nein, ganz so einfach ist es aus meiner Sicht nicht und dies wurde in der Barcampsession zum Thema „Quereinstieg in Social Media“ auch angesprochen. Nicht das Zertifikat ist das eigentlich Wertvolle an der Weiterbildung (auch wenn viele Unternehmen/potentielle Arbeitgeber dies so sehen mögen), wirklich wertvoll ist das erworbene Wissen, die unabhängig von konkreten Plattformen erworbene Handlungskompetenz der Teilnehmerinnen und Teilnehmer. Eine Weiterbildung kann insoweit immer nur eine Grundlage sein, auf der die Teilnehmerinnen und Teilnehmer dann konkret aufbauen.

Wo anfangen? Eine Frage der Glaubwürdigkeit ….
Wo aber sollen die zertifikatsgeprüften Teilnehmerinnen und Teilnehmer anfangen? Das ist die Crux an diesem Thema. Einerseits ist das Zertifikat in vielen Unternehmen eine notwendige Voraussetzung, andererseits ist ein Zertifikat noch lange kein Türöffner. Woher soll das Unternehmen auch wissen, ob der-/diejenige auch wirklich weiß, was er/sie da tut ….. Theoretisches Wissen – erworben durch Kurse, Buch- und Bloglektüren – kann da nur eingeschränkt weiterhelfen, wichtiger ist die konkrete Anwendung im praktischen Leben. Wer zeigt, daß er/sie ein Netzwerk aufbauen, ein Thema virtuos bespielen kann, der zeigt über die Theorie hinaus Glaubwürdigkeit und ist vielleicht schon einen Schritt weiter. Dieser erste Schritt kann durchaus im Rahmen eines Praktikums oder einer ehrenamtlichen Tätigkeit stattfinden, oder im Rahmen eines eigenen Herzensprojekts. Darin steckt eine große Chance ….

…. und eine Last
Es ist gleichzeitig eine große Last, das für eine Bewerbung oder einen Quereinstieg, der Wissensnachweis nicht (mehr) ausreicht. Wer hat als Berufsanfänger schon die Zeit und auch die finanziellen Möglichkeiten flugs ein eindrucksvolles Projekt oder Netzwerk aufzubauen? Vernetzung und Projektaufbau brauchen Zeit, Ideen und auch eine gewisse Gelassenheit, wenn etwas nicht (sofort) funktioniert. Die Spirale des „ich-bin-besser“ oder „ich-bin-kreativer“ ist nicht für alle von uns eine positiv empfundene Herausforderung.

Das Herzensprojekt ….
Dennoch glaube ich, daß ein „Herzensprojekt“ ein guter Einstieg sein kann. Wir alle haben unterschiedliche Interessen und Ansichten. Wer es wagt, ein Thema, das ihr/ihm am Herzen liegt, herauszugreifen, es sichtbar zu machen, der schafft es auch leichter, selber sichtbar zu werden. Karsten Lohmeyer ist dafür ein gutes Beispiel, Karin Krubeck auch!
Ja, das sind große Projekte, aber auch diese Projekte haben einmal klein angefangen – mit einer Idee, mit ein paar Beiträgen, den passenden Social-Media-Präsenzen …… sicherlich auch einigen Fehlern, aber vor allem mit viel Begeisterung und Herzblut für das gewählte Thema!
Natürlich kann man dabei scheitern, aber ganz ehrlich: lieber scheitern, als nicht einmal anfangen!

Danke….
… an das Barcamp Ruhr, in dessen Rahmen die Gespräche und die zugrundeliegende Session stattfanden. Mein besonderer Dank gilt dem Orgateam bestehend aus Berthold Barth und Maik Wagner sowie den Sponsoren, die Djure Meinen so schön zusammengefaßt hat (hier und hier).

Was Schumpeter auf dem Barcamp zu suchen hat ……

Ende Februar war das erste Barcamp in Bonn #bcbn15 und ich war – trotz immer noch starker Erkältung – ab der Mittagszeit dabei. Gesundheitlich vielleicht nicht ganz so weise, inhaltlich eine gute Entscheidung, denn das Barcamp hat mir gut gefallen. Von daher möchte ich ein herzliches Dankeschön an das Orgateam und auch an die Sponsoren aussprechen – Ihr habt eine tolle Arbeit geleistet und eine schöne Atmosphäre geschaffen!

Das Barcamp ist nur der Rahmen ….
Das Orgateam (bestehend aus Karin, Johannes und Sascha) und das Forum Internationale Wirtschaft haben uns einen angenehmen Rahmen zur Verfügung gestellt, die Aufgabe aller Anwesenden ist – wie bei jedem Barcamp – diesen Rahmen auch angemessen zu füllen.

Ich habe letzten Samstag – auch bedingt durch meine späte Ankunft und meine Erkältung – nur wenige Sessions mitbekommen. Dafür habe ich ein kurzes aber sehr spannendes Gespräch mitverfolgt, in dem es genau um die Frage der vorgeschlagenen und angebotenen Inhalte ging. Und nein, es geht mir nicht um Kritik an den angebotenen Sessions, sondern eher um die Frage, ob und wie wir mehr thematische und methodische Vielfalt erreichen können.

Es kostet natürlich Überwindung, sich überhaupt erst einmal bei einem Barcamp „vorne“ hinzustellen, eine Session vorzuschlagen und diese dann auch zu halten. Ich freue mich immer wieder, wenn ich auf Barcamps komplett neue Sessiongeber (und -geberinnen) und/oder neue Sessionthemen erlebe. Von daher geht mein Dank auch an alle, die letzte Woche eine Session gehalten haben – auch wenn ich nur einen kleinen Ausschnitt erleben konnte. Jede Session erfordert Vorbereitung – nicht unbedingt eine fertige Präsentation, aber doch eine Idee und eine Vorstellung, was in der Session passieren soll, welche Themen angeschnitten werden sollen, ob es eher eine Diskussion oder ein Vortrag sein soll …… oder doch ganz anders?

Denn gestern kamen in einem Gespräch zwei Punkte auf, die mir so wichtig erscheinen, daß ich sie hier aufgreifen möchte:
– warum gibt es eigentlich kein Barcamp oder zumindest nicht mehr Sessions bei denen praktische Erfahrungen im Vordergrund stehen? Also auch mehr Sessions in denen die Teilnehmer und Teilnehmerinnen selbst praktische Erfahrungen machen können ……
– warum beschränken wir uns methodisch oft auf (theoretische) Vorträge und Diskussionen?

…. für innovative Inhalte und Kombinationen …..
Und genau hier kommt Schumpeter ins Spiel. Gunnar Sohn hat gestern eine Session zu Schumpeter gemacht – wobei es ihm vor allem um die Persönlichkeit Schumpeters, sein Leben und die Entdeckung seiner Spuren in Bonn ging. Laut Schumpeter ist eine Innovation nicht nur eine Neuerfindung, sondern auch eine neue Kombination von bereits vorhandenen Dingen/Faktoren. Schumpeter hat dies natürlich unmittelbar auf den Bereich der Wirtschaft bezogen. Es paßt aber gerade zu einer Session über Schumpeter, den Begriff auch wieder innovativ – also in einer neuen Kombination – anzuwenden und zwar gerade in bezug auf Barcamps und die Sessions auf einem Barcamp. Interessanterweise paßt die von Schumpeter für die Wirtschaft entwickelte Theorie auch zu den Tätigkeitskategorien, die der russische Künstler Kasimir Malewitsch formuliert hat. Malewitsch spricht von drei Tätigkeitskategorien – dem Erfinden (als Gestaltung des Neuen) und dem Kombinieren (als Umgestaltung des Vorhandenen) als „progressiven“ Tätigkeiten und dem (als „reaktionär“ bezeichneten) Reproduzieren (Nachbildung des Vorhandenen). Sowohl für Malewitsch als auch für Schumpeter ist die Neukombination eine „innovative“ Tätigkeit.

Spannender Gedanke, oder? Wir kombinieren einfach „Dinge“ neu und bekommen spannende neue Sessions und viel Gesprächsstoff. Zugegeben, es ist manchmal schneller und einfacher, zu einem Thema oder einer Frage einen kurzen Vortrag zu entwickeln oder eine Diskussion zu moderieren und natürlich können diese Sessions auch sehr spannend und inhaltsreich sein.

Barcamp als Experimentierfeld?
Was aber wäre, wenn wir das Barcamp als unser Experimentierfeld ansehen? Wenn wir uns also immer wieder bemühen, für uns neue Inhalte und Themen kennenzulernen und aufzugreifen und nach und nach auch neue Kombinationen auszuprobieren? Wenn wir – nach dem allerersten Überwinden – nicht bei einem Thema/einer Methode verbleiben, sondern immer wieder „Neues“ wagen? Dann würde es immer wieder Überraschungen für uns geben – für alle von uns! Ein schöner Gedanke, oder?