Netzneutralität ……

Herr Oettinger hat gerade über Twitter einen Link geteilt, der enthalten soll, warum die neue Regelung zur der „Netzneutralität“ für Verbraucher gut ist. Der Inhalt?

Netzneutralität

Vermutlich war das nicht der beabsichtigte Inhalt …… Aber schon ziemlich treffend, oder?

Und mittlerweile ist der Fehler auch aufgefallen und es kommt „lesbarer“Inhalt ……

Müssen wir alles aufzeichnen?

Mitte August habe ich mit Sebastian Greiner, Sascha Hüsing und Jan Theofel eine spannende Diskussion über das Thema Livestreaming bei Barcamps geführt. Meine Sicht der Dinge habe ich in einem Blogbeitrag ausgeführt, am gleichen Tag hat auch Sebastian Greiner einen ausführlichen Blogbeitrag geschrieben. Auf diesen Beitrag habe ich bisher noch nicht geantwortet – das möchte ich jetzt nachholen.

Vorweg: Aufzeichnungen in Zeiten der Überwachung?
Ich habe lange darüber nachgedacht, ob ich vor zwei oder drei Jahren anders mit dem Thema Livestreaming bei Barcamps umgegangen wäre. Die letzten Jahre haben zu dem Stichwort „Überwachung“ einige negative Facetten gezeigt – nicht zuletzt den Neubeginn der Vorratsdatenspeicherung vor ein paar Tagen. Gerade die Art und Weise, wie die Bundesregierung mit den Grundrechten der Bürger umgeht, bereitet mir Bauchschmerzen. Das habe ich an anderer Stelle auch schon ausführlicher thematisiert. Macht es Sinn, in solchen Zeiten zusätzlich durch Aufzeichnungen „Material“ zu sammeln?

Trotzdem war das Thema Überwachung nicht der Grund meiner ablehnenden Haltung. Vielmehr hatte ich den Eindruck, daß wir von unterschiedlichen „Grundannahmen“ über Barcamps ausgingen und mit diesen „Grundannahmen“ möchte ich mich im Folgenden auseinandersetzen.

Barcamp als Bühne?
William Shakespeare hat die ganze Welt als Bühne und alle Männer und Frauen als Schauspieler bezeichnet. Nach diesem Verständnis ist natürlich auch das Barcamp eine Bühne – aber alle Barcampteilnehmer sind dann Mitspieler. Dieser Gedanke paßt gut zu meinem Barcampverständnis. Auch als Sessiongeberin betrete ich keine Bühne, sondern bearbeite mit den Mitspielern in meiner Session gemeinsam ein Thema. „Bühne“ beinhaltet für mich ganz stark eine Unterscheidung in aktiv und passiv, oben (Bühne) und unten (Publikum), wissend und unwissend. Ja, natürlich präsentiere ich mich oft als Expertin, wenn ich eine Session anbiete. Mir ist es aber wichtig, daß wir auf Augenhöhe miteinander sprechen und ich (auch in meiner Session) von den Erfahrungen und Fragen der Sessionteilnehmer lerne – deswegen ist der „Bühnengedanke“ für mich nicht wirklich zutreffend.

Fertige Vorträge?
Ja, ich weiß – auf vielen Barcamps werden fertige Vorträge als Sessions angeboten – oft auch immer wieder dieselben Vorträge. Das ist ehrlich gesagt ein Punkt, den ich ziemlich enttäuschend finde und auch gelegentlich schon angesprochen habe.. Wir nehmen das Potential eines Barcamps nicht wahr, wenn wir Gespräche in die Pausen verbannen und fertige Vorträge präsentieren. Ich habe Barcamps gerade in den letzten zwei Jahren gerne genutzt, um immer wieder neue Themen und neue Formate auszuprobieren. Eine Aufzeichnung finde ich dabei hinderlich. Ich möchte gerade die Möglichkeit des Scheiterns haben – muß das verewigt werden?

Meine Befürchtung ist auch, daß zunehmende Aufzeichnung auch zu mehr fertig vorbereiteten Vorträgen bei Barcamps führen wird. Für manche mag das eine gute Entwicklung sein, ich sehe das anders – gerade das Spontane, Unfertige und Unperfekte macht für mich einen großen Teil des Charmes von Barcamps aus.

Barcamps sind Gespräche
Ganz richtig hat Sebastian in seinem Beitrag auch festgestellt, daß Abwesende das „Socialising“ vor Ort nicht mitbekommen. Aber: die Gespräche bei guten Barcamps finden eben nicht nur in den Pausen statt, gute Barcamps sind eigentlich ein ununterbrochenes Gespräch. Kai von Lewinski hat auf der Telemedicus-Sommerkonferenz über das Konzept einer gestuften Öffentlichkeit nachgedacht.

Diesen Aspekt finde ich – gerade im Hinblick auf Barcamp-Gespräche – sehr wichtig. Die Unterscheidung privat – öffentlich (also schwarz oder weiß) paßt nicht wirklich auf die tatsächliche Situation. Die „Öffentlichkeit“ des Barcamps bedeutet zunächst, daß jeder Mensch teilnehmen kann – es gibt (außer der zahlenmäßigen Beschränkung über die Anzahl der Tickets) keine Beschränkungen für die Teilnahme. Das ist auch gut so – trotzdem ist das Gefühl der Öffentlichkeit bei einem Barcamp und gerade in einer Session „relativ“. Es sind eben „nur“ zehn, zwanzig oder vielleicht auch vierzig Menschen in einem Raum. Bisher hatte ich in solchen Räumen auch das Gefühl, gut einschätzen zu können, ob beziehungsweise wie ich mich an einem Gespräch beteilige. Manchmal gehören dazu auch provozierende Fragen, Bezugnahmen auf andere Sessions oder Pausengespräche, Berichte über persönliche Erfahrungen. Streaming und Aufzeichnung durchbrechen diese relative Öffentlichkeit des begrenzten Raums und stellen eine absolute Öffentlichkeit her. Das mag für manche Menschen ein Vorteil sein, ich empfinde es als Nachteil.

Von der Barcamp-Session zur TV-Talk-Show?
Denn mit Streaming und Aufzeichnung wird aus der Barcamp-Session plötzlich eine „TV-Talk-Show“ und meine Rolle ändert sich. Ich bin nicht mehr die bloße Barcamp-Teilnehmerin, die Weiterbildung, Austausch und gute Gespräche sucht, sondern öffentliche Darstellerin. Damit muß ich mir plötzlich auch die Frage stellen, ob meine Rolle beim Barcamp zu einer derart öffentlichen Rolle paßt. Das hat viel mit den jeweiligen Rollen und den Erwartungen an die Rollenbilder zu tun. Es war für mich ein Vorteil des Barcamps, daß ich die oft eher formale Rolle der „Anwältin“ (kritische Analyse, klassische Kleidung) auf solchen Veranstaltungen für mich hinterfragen konnte. Gerade die Möglichkeit, mich auch bei (aus der Perspektive der Anwaltsrolle) fernliegenden Themen aktiv einzubringen, war ein unglaublicher Vorteil und eine Bereicherung. Livestreaming und Aufzeichnung empfinde ich persönlich daher als Beschränkung. Eine persönliche Befindlichkeit oder sogar Empfindlichkeit? Ja, definitiv!

Gestaltungsmöglichkeiten?
„Du kannst Barcamps doch mitgestalten“ wurde mir über Twitter vorgeschlagen. Ja, schon richtig. Aber das macht das Problem für mich nicht kleiner, sondern eher größer. Natürlich kann ich das Thema „Öffentlichkeit“ beziehungsweise „Livestreaming und Aufzeichnung“ ansprechen. Damit habe ich dann aber gleich mehrere Probleme: ich torpediere die Session auf der Metaebene (wer will schon über das Thema diskutieren, wenn eigentlich die Session zu einem anderen Thema laufen sollte) und ich muß mich mit der schwierigen Frage auseinandersetzen, wer denn überhaupt entscheiden soll? Der Sessiongeber, die Teilnehmer? Reicht das Veto eines Teilnehmers oder sprechen wir über Mehrheitsentscheidungen? Theoretisch sind das spannende Fragen, praktisch finde ich eine solche Vorgehensweise unfair. Sie ist unfair, weil sie weder meinen Interessen noch den Interessen der anderen gerecht wird. Es fehlt die Balance und es fehlt die Möglichkeit sich „wissend“ zu entscheiden.

Fazit
Auf Twitter hatte ich es schon geschrieben – für mich haben Barcamps ihre Attraktivität verloren. Das ist schade – vor allem für mich, aber der (persönliche) Preis, den ich zahlen müßte, ist mir „so“ zu hoch. Insofern kehre ich jetzt zu klassischen Konferenz- und Vortragsveranstaltungen zurück. Auch da wird mittlerweile oft aufgezeichnet, aber da bewege ich mich in der beruflichen Rolle, außerdem bin ich dort nicht Gesprächspartnerin, sondern in der Regel „nur“ Zuhörende. Und vielleicht entwickelt sich ja irgendwann ein Format, das auch für mich wieder paßt!

Lampenfieber?

Ich ergreife die zeitlich „letzte Chance“ noch an der Blogparade der LVQ zum Thema Lampenfieber und Prüfungsangst teilzunehmen. Der Lars Hahn fragt nach Erfahrungen, Tipps und Tricks zu diesem Thema.

Prüfungsangst und Lampenfieber?
Etwas Aufregung, Anspannung oder Nervosität gehört einfach dazu – zu jeder Prüfung, zu jedem öffentlichen Auftritt, zu jedem Vortrag, Workshop oder Dozenteneinsatz. Das ist wie das Salz in der Suppe – ohne Salz schmeckt die Suppe nicht, zuviel ist aber auch nicht gut.

Zugegeben, meine (formalen) Prüfungen liegen schon ein bißchen länger zurück. Gerade bei wichtigen Klausuren (zum Beispiel im Staatsexamen) war ich natürlich aufgeregt, aber ich würde nicht von Prüfungsangst sprechen wollen. Ein wichtiger Aspekt – vor allem bei den Klausuren – war immer das Thema „Zeitdruck“. Ich weiß heute noch, daß ich im wöchentlichen Klausurenkurs vor dem ersten Staatsexamen meine Klausuren fast immer eine Stunde zu früh abgegeben habe. Meine Noten in den Übungsklausuren sahen dementsprechend aus. Aber: in den wirklich wichtigen Klausuren hatte ich plötzlich das Gefühl wahnsinnig viel Zeit zu haben. Ich konnte es mir zeitlich leisten, über die Aufgabe nachzudenken, meinen Text vor der Abgabe noch einmal in Ruhe durchzulesen und noch zu korrigieren oder zu ändern. Für mich damals ein hilfreicher Weg!

Referate und Vorträge habe ich eigentlich schon immer gerne gehalten. Schon während der Schulzeit habe ich die Chance, durch Referate meine Noten (vor allem in mündlichen Fächern) zu verbessern, gerne ergriffen. Je nach Thema habe ich einige Stunden mit ein paar Büchern aus der Stadtbibiothek verbracht, um mich rundum vorzubereiten. Dabei habe ich natürlich auch immer spannende Dinge entdeckt, die mich persönlich interessierten.

So ist es nicht weiter verwunderlich, daß ich mit Beginn meiner selbständigen Tätigkeit gerne die Möglichkeiten wahrgenommen habe, Vorträge und Workshops zu halten. Am Anfang dominierten Themen rund um Existenzgründung und Selbständigkeit, daraus wurden dann vertragsrechtliche und erbrechtliche Themen und schließlich Themenfelder rund um „Social Media“ – so zum Beispiel mein Urheberrechtsquiz.

Ich habe durch die Vorträge und Workshops sehr viel gelernt – fachlich durch die meistens intensive Vorbereitung, die meine Fachkenntnisse auch immer wieder aktualisiert und vertieft hat und persönlich durch das Feedback der Teilnehmenden.

Tipps und Tricks?
Ein „Rezeptbuch“ für gute und „erfolgreiche“ Vorträge und Workshops habe ich (leider) nicht. Über die Jahre habe ich aber viel ausprobiert und auch viel gelernt und weiß jetzt einigermaßen, was für mich funktioniert oder was gerade nicht funktioniert.

Vorbereitung
Vorträge und Workshops sind eine wunderbare Chance, mich und „mein“ Thema zu präsentieren. Das funktioniert aber nur, wenn ich mit dem Thema etwas anfangen kann. Die Frage, ob ich aus dem Handgelenk sofort einen (inhaltlichen) Vortrag zu dem Thema halten könnte, ist dabei weniger wichtig, als das eigentliche Interesse an dem Thema. Wenn mich das Thema nicht anspricht oder ich es sogar ablehne, dann ist es sehr viel schwieriger etwas „Passendes“ vorzubereiten, als bei „attraktiven“ Themen. Zugegeben, diesen Luxus der Auswahl hat man nicht, wenn man als Angestellte/r etwas vorbereiten muß.

Gerade bei meinen allerersten Vorträgen und Workshops habe ich immer sehr viel Zeit (und Liebe) in die Vorbereitung gesteckt. Das ging so weit, daß ich mit Familienmitgliedern geübt habe (die Erbrechtskenntnisse meiner Mutter sind seitdem deutlich gestiegen ……). Die Idee dahinter: wenn „normale Menschen“ mich und meine Gedankengänge verstehen, dann kann ich das „so“ auch in einem Vortrag oder Workshop darstellen. Überall, wo von meinen Vorbereitungsversuchsopfern Verständnisfragen kamen, habe ich am Inhalt gefeilt. So habe ich nach und nach gelernt, auch relativ komplexe Zusammenhänge halbwegs verständlich zu erkären.
Heute lassen sich Vorträge und Workshops auch gut bei Barcamps oder anderen offenen Veranstaltungen „testen“ – eine Möglichkeit, die ich gelegentlich für neue Themen genutzt habe. Auch einen Testlauf in einem Hangout könnte ich mir gut vorstellen, um so in einem kleinen Kreis etwas auszuprobieren. Ein großer Vorteil solcher „Testläufe“ ist das ehrliche Feedback …..

Bei Vorträgen und Workshops frage ich den Auftraggeber/Veranstalter in der Regel auch gezielt, welche Fragen und Themen aus seiner Sicht wichtig sind. Manchmal habe ich vorher sogar kleine „Fragebögen“ an die Teilnehmerinnen und Teilnehmer verschickt (eigentlich verschicken lassen), um mich entsprechend vorbereiten zu können.

Meine wichtigsten Gedanken habe ich meistens in ein „Handout“ gesteckt – eine kleine Zusammenfassung für mich und gleichzeitig ein Mittel für das Selbstmarketing danach (in einem Fall hat mich jemand zwei Jahre nach einem Vortrag angerufen und beauftragt).

PP – ja oder nein?
Am Anfang habe ich oft mit sehr textlastigen Folien gearbeitet. Diese Vorgehensweise hat drei Nachteile – die Technikabhängigkeit, die schlechte Lesbarkeit von Folien mit viel Text und die Tatsache, daß die Zuhörerinnen und Zuhörer, dann eben nicht mehr „zuhören“, sondern nur noch lesen. Mittlerweile bin ich weitestgehend von der Foliennutzung abgekommen. Bei meinem Urheberrechtsquiz nutze ich PP-Folien (wenn überhaupt) zum Mitlesen der Fragen, der eigentliche Workshopteil ist aber „folienfrei“, bei anderen Themen nutze ich oft Blätter mit Stichworten oder Karteikarten mit Stichworten. Der Vorteil der Karteikarten ist, daß ich einerseits nichts Wichtiges vergesse, andererseits aber die Reihenfolge der Themen flexibel ist. Durch die Beschränkung auf Stichworte (ober beim Urheberrechtsquiz auf Fragen) komme ich auch nicht in die Versuchung etwas vorzulesen. Das mag am Anfang ungewohnt sein, aber Übung (siehe oben) macht auch hier den Meister!

Fragen zulassen – ja oder nein?
Natürlich habe ich mir am Anfang oft Sorgen gemacht, ob ich eventuelle Fragen der Teilnehmerinnen und Teilnehmer wohl beantworten kann. Das hat sicherlich meine Vorbereitung beeinflußt, aber auch mein „Wohlbefinden“ kurz vor dem Vortrag oder Workshop. Für mich war es hilfreich, mich mit der Frage, ob ich während des Vortrags Fragen überhaupt zulassen möchte, auseinanderzusetzen. In Vorträgen mache ich es oft so: Verständnisfragen jederzeit, Diskussionsfragen und weiterführende Fragen nach dem inhaltlichen Teil, in Workshops oder Kursen greife ich Fragen meistens sofort auf.

Und wenn ich die Frage nicht beantworten kann? Ja, das passiert und das ist auch gar nicht schlimm. Der wesentliche Punkt ist nicht, ob man alles weiß, sondern wie man mit der Frage umgeht. Eine Antwort „gute Frage! Leider kann ich Ihre Frage jetzt nicht beantworten, ich schaue das aber gerne nach und liefere die Antwort nach“ ist in der Regel kein Problem. Kein Mensch kann schließlich alles wissen!

Als Anfänger „outen“?
Vermutlich kennen (fast) alle schlaue Sprüche wie „jeder fängt klein an“ und „es ist noch kein Meister vom Himmel gefallen“. In diesen Sprüchen steckt sehr viel Wahrheit. Auch bei noch so guter Vorbereitung ist der erste Anlauf manchmal holprig (deshalb ist Üben so wichtig). Wenn ich ein „Format“ oder ein Thema zum ersten Mal ausprobiert habe, dann habe ich das meistens den Teilnehmerinnen und Teilnehmern auch erzählt. Mich hat es meistens entlastet, denn die meisten Menschen haben durchaus Verständnis für kleine Pannen, wenn man etwas zum ersten Mal macht. Die Tatsache, daß man zum ersten Mal einen Vortrag zu einem bestimmten Thema hält, heißt ja nicht, daß man sich vorher nicht mit dem Thema beschäftigt hat. Meistens läßt sich die Information gut verpacken „ich beschäftige mich schon lange mit dem Thema X und freue mich, daß ich heute meinen ersten Vortrag zu diesem wichtigen Thema halten kann“.

D-Day – der Tag selbst!
Vor ein paar Jahren sollte ich einen Vortrag in Bonn halten. Ich war rechtzeitig in Bonn am Hauptbahnhof und habe dann (ich weiß nicht warum) die Straßenbahn in die falsche Richtung erwischt. Ich kam noch rechtzeitig am Vortragsort an, aber es war doch sehr aufreibend. Ja, das war ziemlich unangenehm. Insofern habe ich gelernt, an solchen Tagen immer einen ziemlich großen Zeitpuffer einzuplanen. Lieber trinke ich in der Nähe noch einen Kafee oder Tee oder bummle durch eine Buchhandlung als zu spät zu kommen.

Meistens ist es gut, vor den Teilnehmerinnen und Teilnehmern anzukommen. So kann ich in aller Ruhe auspacken, meine Unterlagen (zum Beispiel Karteikarten) noch einmal sortieren, die Technik – soweit notwendig – prüfen und mit den ersten ankommenden Teilnehmerinnen und Teilnehmern ein bißchen plaudern. Das ermöglicht mir meistens einen relativ entspannten Start.

Es ist natürlich schön, wenn man von den Veranstaltern kurz vorgestellt und eingeführt wird. Dann übernehmen die Gastgeber auch das „Zeitmanagement“ und den offiziellen Start. Da, wo das nicht der Fall ist, muß man natürlich selber tätig werden. Ein paar kurze einleitende Sätze gehören für mich dazu – was das Thema ist, wer ich bin, warum ich dafür die Richtige bin und wie ich während der gemeinsamen Zeit vorgehen möchte (Ziel, Inhalt, Umgang mit Fragen). Bei Workshops mache ich auch gerne eine kurze Vorstellungsrunde, in der ich nach schon vorhandenen Fragen oder konkreten Erwartungen frage. So habe ich einen kurzen Überblick, was mich an dem Tag „erwartet“ und mit wem ich es zu tun habe.
Manchmal ist diese erste Runde überraschend – da sitzen Experten unter den Teilnehmerinnen und Teilnehmern, die den Vortrag/Workshop selber halten könnten oder da werden Stichworte benannt, an die ich nicht mal in meinen kühnsten Alpträumen gedacht habe. Aber das Wissen um die „Überraschungen“ birgt auch eine Chance – ich kann versuchen, die Expertinnen und Experten und ihr Wissen bewußt einzubeziehen und ich kann Erwartungen, die ich nicht sofort erfüllen kann, auch frühzeitig klarstellen (oft mit dem Hinweis, dazu einen Link oder weitere Informationen herauszusuchen).

Wieviel Diskussion möchte ich zulassen?
Im Laufe der Zeit haben sich meine Vorträge und Workshops verändert. Je sicherer ich in einem bestimmten Bereich wurde, desto besser konnte ich mich auf Fragen und Diskussionen einlassen und Formate entwickeln, die Gesprächszeit bewußt einplanen. Natürlich können dann Fragen kommen, die ich nicht/nicht sofort beantworten kann – ich sage das dann ganz offen und ziehe notfalls auch Grenzen („das ist jetzt aber ein ganz anderes Thema“). Ganz klar ist aber, bei diesen Formaten brauche ich in der Regel mehr Vorbereitungszeit als bei einem „normalen“ Vortrag, andererseits machen sir solche Formate aber auch sehr viel Spaß. Wer schon einmal bei einem Urheberrechtsquiz dabei war, wird das vielleicht nachvollziehen können.

Feedback?
Kein Vortrag, kein Workshop ist so gut, daß man nicht noch etwas verbessern könnte. Soweit es zeitlich möglich ist, bitte ich die Teilnehmerinnen und Teilnehmer deshalb am Ende um ein kurzes Feedback. Natürlich ist es dann schön, wenn ich gelobt werde – mir geht es aber vor allem darum zu lernen, was noch nicht gut ist. Ich frage daher einerseits was gut war und andererseits auch, was ich verändern sollte, damit der nächste Vortrag oder Workshop noch besser wird. Gerade aus den Feedbackrunden habe ich sehr viel gelernt. Wichtig ist es aber auch, daß Feedback einfach anzunehmen – egal ob es positiv oder negativ ist. Es geht nicht darum, sich zu rechtfertigen oder etwas unbedingt zu ändern, sondern einfach zu lernen, wie die Teilnehmerinnen und Teilnehmer den Vortrag oder Workshop erlebt haben. In der Feedbackfrage kann dann ein erstaunliches Lernpotential für einen selbst stecken.

Die „Shortlist“ der Tipps und Tricks
1. Fragen, fragen, fragen – wer sind die Teilnehmer, wo kommen sie her, welche Sorgen oder Erwartungen haben sie?
2. Üben, üben üben!
3. Mut zur Lücke – kein Mensch kann alles wissen.
4. Auf das eigene Wohlbefinden achten – was brauche ich, damit ich den Vortrag oder Workshop gut halten kann. Bequeme Kleidung? Eine Tasse Tee vorher? Ablenkung? Ruhe?
5. Rechtzeitig da sein.
6. Meistens: pünktlich anfangen – das ist Wertschätzung für die schon anwesenden Teilnehmerinnen und Teilnehmer.
7. Rechtzeitig überlegen, wie man mit Fragen umgehen will!
8. Überlegen, ob und wie Teilnehmer einbezogen werden. Vorstellungsrunde? Feedbackrunde?
9. Technik vorher prüfen und notfalls pünktlich (aber ohne Technik) starten und (ohne Technik) durchführen.
10. Sich danach belohnen!

Lampenfieber als Vorfreude
Es kann durchaus anstrengend sein, Vorträge und Workshops zu halten, aber es kann auch sehr viel Spaß machen. Lampenfieber ist dann das kleine aber sichere Zeichen der Vorfreude und damit gar nicht negativ, sondern die Prise Salz, die den Tag aus dem Alltag heraushebt.

Twittergespräch zu VDS und Überwachung

Am Freitag wurde das neue Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Ein Thema, das mich durchaus aufregt und dementsprechend habe ich auf Twitter auch ein paar deutlich ablehende Tweets geschrieben.Einer dieser Tweets löste ein spannendes Gespräch aus.

Thomas Michl retweetete meinen Tweet und Detlef Kreuz antwortete mir.

Seine Antwort hatte mich für interessanterweise zwei Ebenen – eine inhaltliche Ebene, in der es um das Thema Überwachung und VDS ging und eine kommunkative Ebene, eine „Einladung“ zum Twittergespräch. Diese Einladung habe ich (wie so oft) gerne angenommen.

Ich war mir am Anfang gar nicht sicher, ob mein Gesprächspartner die Vorratsdatenspeicherung auch ablehnt oder nicht. Schnell kamen wir nämlich vom Thema Smartphone auf die Frage, ob wir Unternehmen nicht dieselben Daten zur feien Verfügung stellen. Aus meiner Sicht ein von Befürwortern der Vorratsdatenspeicherung oft genutztes Argument. Aber gerade weil da jemand Fragen stellte, die unbequem waren und weil mir jemand widersprach und meine Argumente hinterfragte, war das Gespräch gut. Ja, natürlich ist es nett, wenn jemand zustimmt. Aber wir entwickeln uns nur dann weiter, wenn wir uns selbst und unsere Überzeugungen auch immer wieder hinterfragen. Insofern war die Frage, ob meine Gesprächspartner meine Meinung zum Thema VDS teilen, gar nicht wichtig. Viel wichtiger war, daß sie sich auf ein offenes Gespräch mit mir eingelassen haben und mir dadurch auch wieder Fragen „aufgegeben“ haben, über die ich nun nachdenken muß (zum Beispiel: ist Datensammlung durch Unternehmen auch Überwachung? Wenn nein, warum nicht?).

Ein Großteil dieses Twittergesprächs läßt sich hier nachlesen.

So weit, so gut. Doch am Sonntag nahm unser Twittergespräch noch eine andere kommunikative Wendung. Ein weiterer Twitterer griff das Thema auf – Aufhänger war (soweit ich das nachvollziehen kann) der Tweet, das wir Unternehmen unsere Daten zur freien Verfügung stellen. Inhaltliche Ebene: wieder das Thema Überwachung und VDS, die kommunikative Ebene war für mich unklarer: der Beitrag „und das rechtfertigt einen Überwachungsstaat?“ ist zunächst erst einmal eine Frage. Ich hätte die „Frage“ vermutlich einfach mit einem „nein“ beantwortet. Ein Gesprächspartner von Freitag hat jedoch eher die „rhetorische Frage“ und damit die in der Frage beinhaltete „Unterstellung“ gespürt. Die „Frage“ war keine Einladung zum offenen Gespräch, sondern eher die Aufforderung sich zu erklären (zu rechtfertigen) und abzugrenzen.

Auch aus dieser Wendung (an der ich inhaltlich nicht beteiligt war) habe ich für mich eine wichtige Frage mitgenommen: können wir eigentlich noch offen mit Menschen diskutieren, die anscheinend oder tatsächlich anderer Meinung sind? Eine sehr wichtige Frage, die ich demnächst unbedingt aufgreifen muß.

Und wen es interessiert: meine Gesprächspartner am Freitag waren übrigen gegen VDS.

Schwarzer Tag!

Der heutige Tag ist ein „schwarzer Tag“, denn der Bundestag hat leider ein Gesetz zur Vorratsdatenspeicherung beschlossen. Ja, das Gesetz heißt jetzt anders – nämlich „Gesetz zur Einführung einer Speicherpflicht und einer Höchstspeicherfrist für Verkehrsdaten“ – aber der Begriff ändert nichts am Inhalt.

404 Abgeordnete des Bundestages haben zugestimmt – eine denkwürdige Zahl, wenn man bedenkt, daß fehlerhafte Links so angezeigt werden und wir die 404-Seiten aus dem Internet gut kennen.

Was mich persönlich bedrückt sind die Grundannahmen, die hinter diesem Gesetz stehen.

Datenschutz ist Täterschutz
Bisher ging ich aufgrund der Entscheidungen des Bundesverfassungsgerichts davon aus, daß Datenschutz ein aus Art. 2 in Verbindung mit Art. 1 Grundgesetz abgeleitetes Grundrecht ist. Ein Grundrecht, daß allen Menschen zusteht. Ja, wir können über die Frage diskutieren, was konkret unter Datenschutz fällt, wie wir den Bereich Datenschutz grundsätzlich – auch im Hinblick auf die Nutzung von Internetdiensten – gestalten wollen und wie/wodurch Datenschutz auch eingeschränkt werden kann. Aber: aus jedem Menschen, der sich auf ein Recht beruft, einen Täter zu machen, ist für mich weder nachvollziehbar noch akzeptabel. Insofern empfinde ich die Äußerung, daß Datenschutz Täterschutz ist als Angriff und als Unterstellung.

Menschenbild?
Ich frage mich mittlerweile ganz ehrlich, von welchem Menschenbild die Bundesregierung ausgeht. Ist ein Menschenbild, in dem jeder Mensch als (potentieller) Täter angesehen wird, noch ein Menschenbild, das die Würde des Menschen respektiert? Gerade die Frage nach dem Menschenbild ist wichtiger als es auf den ersten Blick scheinen mag. Denn der „umfassende Zugriff“ auf den Menschen ist gerade kein Wesensmerkmal einer Demokratie, sondern von totalitären Staaten. Demokratien brauchen kritische Diskussionen – diese sind aber nur möglich, wenn die Menschen sich nicht überwacht fühlen. Überwachung führt insofern zu einer Schwächung der Demokratie.

Die Vertrauensfrage
Die erneute Einführung der Vorratsdatenspeicherung ist ein deutliches Zeichen des Mißtrauens des Staates gegenüber den Bürgern. Aber: warum sollten die Bürger dem Staat noch vertrauen? Die Aufrüstung des Staates zur ständigen Kontrolle der Bürger macht ein gegenseitiges Vertrauen unmöglich.

Vertrauen basiert auf mehreren Faktoren. Ausgehend von dem Buch „Erfolgsfaktor Vertrauen“ (bei dem es um eine Vertrauenskultur in Unternehmen geht) möchte ich folgende Aspekte betonen, die für Vertrauen wesentlich sind:

– Respekt vor anderen
– Ehrlichkeit
– Fairness
– Verantwortung für das eigene Verhalten
– Mitgefühl
– hohe Transparenz (als Zeichen von Anstand)
– Wahrnehmung der Bedürfnisse anderer
– Anerkennung und Akzeptanz von Gleichheit und Würde der Menschen

Konkret angewendet?
Wenn die Abgeordneten der Regierungsparteien mich als (potentielle) Täterin ansehen – und das tun sie siehe oben „Datenschutz ist Täterschutz“ – dann bedeutet die Anerkennung und Akzeptanz von Gleichheit und Würde, daß auch die Abgeordneten in gleichem Maße wie ich potentielle Täterinnen und Täter sind. Wir haben dann ein Menschenbild, das davon ausgeht, daß der Mensch von Grund auf böse ist und seine Handlungen kontrolliert werden müssen, damit er anderen nicht schadet. Das ist nach meinem Empfinden eine völlige Abkehr von der Idee der Menschenwürde.

Hohe Transparenz vermisse ich in vielen Themen – TTIP und NSA-Überwachung mögen als Beispiele an dieser Stelle reichen. Auch fehlt bis heute eine nachvollziehbare Erläuterung zur Notwendigkeit und Angemessenheit der Vorratsdatenspeicherung. Warum sollte ich jemandem vertrauen, der mir Dinge verheimlicht?

Ehrlichkeit und Fairneß? Reden wir über die wirklichen Gründe, warum #VDS eingeführt wird? Ich glaube nicht. Aber schlimmer noch finde ich, daß mit dem neu eingeführten Tatbestand der „Datenhehlerei“ auch der investigative Journalismus „beerdigt“ wird. Müssen Politiker dann nicht mehr ehrlich sein und keine Verantwortung für Ihr Verhalten mehr tragen, da es ja niemand mehr herausfinden und veröffentlichen darf?

Respekt, Mitgefühl und Wahrnehmung der Bedürfnisse anderer Menschen? Ich höre immer „wir haben ja nichts zu verbergen“. Ja, eben! Gerade weil wir nichts zu verbergen haben, gibt es keinen einzigen Grund, unsere Daten anlaßlos zu speichern. Warum müssen staatliche Behörden herausfinden können, wann ich mit wem telefoniert habe, insbesondere wann jemand einen Arzt, einen Psychotherapeuten, einen Journalisten oder einen Anwalt (Reihenfolge beliebig!) kontaktiert hat? Außerdem: wie stellen die staatlichen Stellen sicher, daß gespeicherte Daten nicht gehackt/mißbraucht werden können? Jede zusätzliche Datensammlung stellt einen großen Schatz für „böse Menschen“ dar ……

Fazit
Der Staat vertraut mir und uns allen ganz offensichtlich nicht, er hält unsere ständige Kontrolle für notwendig – denn wir könnten ja irgendetwas machen, was dem Staat „mißfällt“. Ja, lieber Staat – auch Du kannst ständig etwas machen, das mir mißfällt. Warum bitte sollte ich Dir vertrauen?

#Bildungstag bei Twitter

Ganz kurz und eher zufällig habe ich heute den Hashtag „Bildungstag“ bei Twitter erspäht – denn heute war der erste europaweite #Educationday beziehungsweise #Bildungstag auf Twitter. Ich habe – leider – wenig davon mitbekommen, trotzdem möchte ich ein paar Zeilen dazu schreiben.

Bildung …..
Schon der Begriff „Bildung“ ist sperrig. Es gibt keine allgemeingültige Definition dieses Begriffes, aber die meisten von uns verbinden Bildung wohl mit formalen Systemen wie Schule und Hochschule. Oft steht eher das (formale) Ergebnis im Vordergrund, weniger der Weg zum Ergebnis. Begriffe wie Allgemeinbildung, Einbildung, Ausbildung, Weiterbildung und Fortbildung unterstreichen dieses Verständnis, sie haben nur noch mit den Ideal von Humboldt oder Kant zu tun. Auch die Ankündigung von Twitter stellte einen eher formalen Bildungsbegriff – „Austausch zwischen Personen und Institutionen, die sich mit dem Thema Bildung beschäftigen“ – in den Vordergrund. Ja, sicher wichtig, aber …

Lernen mit Twitter
Viel spannender finde ich es, Twitter zum informellen Lernen zu nutzen. Dieser Aspekt ist heute – soweit ich das sehen konnte – nicht zur Sprache gekommen. Durch meine Twittertimeline habe ich schon sehr viel gelernt – sowohl in meinem Fachgebiet als auch in vielen anderen Bereichen. Ich habe spannende (rechtliche) Diskussionen mitbekommen, lese viele verlinkte Beiträge und Artikel, ich informiere mich über aktuelle Trends und neue gesellschaftliche, rechtliche und auch technische Entwicklungen.

Es ist eine Art großes Serendipity-Prinzip – ich finde Wissensperlen ohne sie konkret zu suchen und ich kann spontan entscheiden, ob ich diesen „Wissenshäppchen“ folge und mich damit beschäftige oder ob ich „wegschaue“. Ja, das kostet oft Zeit und manchmal erscheint es auch ineffizient, andererseits bekomme ich so sehr schnell sehr vieles mit, das ich an anderen Stellen (beruflich und persönlich) wieder nutzen kann.

Meine Twittertimeline ist daher – gerade weil „Lernen“ gar nicht im Vordergrund steht – ein phantastischer Lernort.