Von Sternen, Herzen und Kröten ….

Twitter hat heute Geburtstag – 10 Jahre wird das Netzwerk schon alt. Ich bin immerhin seit 2009 dabei und habe sogar meinen allerersten Tweet wiedergefunden.

Viele haben sich heute zu Twitter und zum Twittergeburtstag geäußert – in Tweets, in kurzen Filmen und in Blogbeitragen. Muß ich jetzt auch noch ….? Ja, ich muß, denn ich möchte mich einerseits für vieles bedanken, andererseits bin ich aber auch über manches enttäuscht. So ein Jubiläum ist daher ein „guter“ Zeitpunkt, darüber zu sprechen.

Sterne und Sternstunden
Ich weiß noch, daß ich ganz am Anfang die „üblichen Vorurteile“ hatte. Da erzählen die Menschen doch nur, daß sie zum Essen oder zum Kaffeetrinken gehen. Aber im Sommer 2009 überwog dann meine Neugier und ich habe mich angemeldet – gleich mit mehreren Accounts. Ganz langsam und vorsichtig habe ich begonnen, mir eine Timeline aufzubauen, mich mit neuen Themen zu beschäftigen und Sterne zu verteilen.

Die eigentlichen Sternstunden kamen später und hingen mit einer aktiveren Twitternutzung zusammen. Ab Frühling 2012 habe ich relativ intensiv von Twittwochen, Tagungen und Barcamps getwittert. Das schaffte eine doppelte Vernetzung – über die Twitterwall mit den twitternden Menschen vor Ort und über die Entfernung mit denen, die einem Hashtag folgten und Interesse an einer Veranstaltung/einem Thema hatten. Ohne Twitter wäre ich vielen Menschen, die heute mein Leben bereichern, nicht begegnet und ohne Twitter hätte ich auch viele spannende Gespräche und Diskussionen nicht geführt, viele Themen und Veranstaltungen gar nicht mitbekommen.

Für mich ist Twitter nicht nur ein Ort der schnellen Information, sondern vor allem ein Ort des dialogischen Gesprächs, der neugierigen Fragen und des Aufbaus neuer Kontakte. Gerade weil man „einseitig“ folgen kann, ist es möglich, völlig unbekannte Menschen und ihre Themen zu entdecken, ihnen zu folgen und mit ihnen ins Gespräch zu kommen. Viele der heutigen Geburtstagstweets haben das auch schön zum Ausdruck gebracht. Sternstunden halt!

Herzen …….
Aber manche Entwicklungen sind auch schwierig. Ich erinnere mich noch an die Zeiten, als es problemlos einen Feed der neuen Follower und auch der Mentions gab, heute funktioniert nicht einmal die Email-Benachrichtigung und ich muß mir immer wieder Umwege suchen, um Wichtiges irgendwie „abzuspeichern“. Ganz schlimm wurde es für mich, als die Sterne zu Herzchen wurden – völlig ohne Auswahlmöglichkeit. Ich mag Twitter ja wirklich von Herzen gerne, aber Herzen verteilen …. nein, das ist nicht meins.

In meiner Timeline schrieb heute jemand, daß Twitter sich treu bleiben soll. Das ist ein wichtiger Wunsch. Denn die Jagd nach neuen Zielgruppen, die man vielleicht ohnehin nicht erreichen kann (Mario Sixtus hat mir heute in seinem Interview in vielen Punkten aus dem Herzen gesprochen) macht die Plattform nicht stärker, eher im Gegenteil.

Kröten ……
Ja, es ist wichtig, ein Finanzierungsmodell zu finden. Oft genug wurde auch schon vorgeschlagen, daß überzeugte Nutzer ja etwas für eine werbe- oder auch herzchenfreie Version zahlen können. Vielleicht ist der Blick auf Werbung und auf junge Zielgruppen einfach zu eng und führt dazu, daß den „alten“ Nutzern auch manche Kröte vorgesetzt wird. Die Herzchen waren beziehungsweise sind so eine Kröte für mich, die Einstellung der Desktopversion von Tweetdeck für Windows ist ebenfalls eine solche Kröte. Ich bin traurig, weil ich das Gefühl habe, daß Twitter mich manchmal zu einer bestimmten Art der Nutzung zwingen will, die für mich nicht paßt.

Und so bleibt am Jubiläumstag ein leicht bitterer Beigeschmack, der meine Freude über die Sternstunden der letzten knapp sieben Jahre meiner Twitternutzung ein bißchen trübt. Wird auch morgen für meine Art der Twitternutzung noch „Platz“ sein?

Ich wünsche es mir und ich wünsche mir, daß Twitter die Offenheit wiedergewinnt, die es in meinen Augen gerade vor ein paar Jahren noch hatte und die für mich den unverwechselbaren Charme der Plattform ausgemacht hat und irgendwie auch immer noch ausmacht – trotz aller Kröten.

In diesem Sinne: herzlichen Glückwünsch Twitter und alles Gute für die nächsten 10 Jahre!

Innovativ sein?!

Letzten Mittwoch fand in Düsseldorf im Gewächshaus eine Kooperationsveranstaltung der Friedrich-Naumann-Stiftung zum Thema Innovation statt. „How to be innovative“ war der Titel der Veranstaltung, der mich so neugierig machte, daß ich mich angemeldet habe und hingefahren bin.

Neugierig auf Innovation?
Ich bin neugierig auf das Thema Innovation aber auch auf den Umgang mit dem Thema. Oft genug wird Innovation als technische Neu- beziehungsweise Weiterentwicklung verstanden. Es geht dann oft um patentrechtliche Fragen, um Fördermöglichkeiten bei Forschung und Entwicklung, um die Markteinführung neuer Produkte. Das ist alles wichtig. Nach meinem Verständnis umfaßt Innovation aber mehr. Es ist eine Aufgabe und Herangehensweise, die für alle kleinen und großen Unternehmen wichtig ist. Wenn sich die „Außenbedingungen“ ändern (zum Beispiel durch die Digitalisierung), dann müssen wir alle schauen, ob/welche Produkte und Dienstleistungen noch „passen“, wie wir unser Angebot verändern und uns und unser Angebot immer wieder „neu erfinden“. Dazu gehört viel Arbeit, viel Austausch, viel Mut, viel Neugier und auch viel Freude am Ausprobieren.
Meistens finde ich bei Veranstaltungen zum Thema Innovation nur wenige dieser Aspekte wieder. Natürlich nehme ich trotzdem Anregungen und Fragestellungen für mich mit – oft aber auch mit dem Gefühl, daß man mehr aus dem Thema machen könnte. Entsprechend neugierig war ich auf die Veranstaltung der Naumann-Stiftung.

Meine Erwartung….
Aufgrund der Einladung (Experten, Diskussion, Minimesse) hatte ich vermutet und erwartet, daß ich vor allem (passiv) etwas hören würde, ein paar Informationen zum Thema sammeln könnte und vielleicht noch ein paar Broschüren mitnehmen könnte. So, wie Veranstaltungen halt oft ablaufen.

…. und wie es wirklich war!
Doch ich wurde positiv überrascht, denn die Veranstalter haben das Thema zum Anlaß genommen, selber etwas Anderes – etwas für sie Neues – auszuprobieren. Das war eine gute Entscheidung! Nach einer kurzen Vorstellung der Experten mit Eingangsstatements und einer wirklich kurzen Diskussion, ging der eigentlich wichtige Teil der Veranstaltung los, die „Mini-Messe“. Jedem Experten wurde ein Stehtisch zugeteilt. Alle Teilnehmer hatten auf ihren Namensschildern einen farbigen Punkt – zum Beispiel gelb oder grün. Jede Farbe stand für eine bestimmte Reihenfolge der Tischbesuche. Ich hatte einen gelben Punkt und habe zusammen mit zwei Menschen, die ich bis zu diesem Zeitpunkt nicht kannte, zuerst den Tisch von Herrn Professor Burkhardt (Kopfspringer GmbH) besucht, danach den Tisch von Herrn Krause und so weiter bis wir an allen Tischen jeweils ein Gespräch geführt hatten.

Interessant waren dabei zwei Aspekte:
Zum einen war es sehr spannend zu sehen, wie der jeweilige Experte (es waren alles Herren) den Gesprächseinstieg gestaltete. Sehr positiv und auch vernetzend war die relativ einfach wirkende Frage „was machen Sie denn“ – darauf konnte jeder von uns antworten und ich habe so auch gleich in der ersten Runde etwas über die beiden anderen Menschen in meiner „Farbgruppe“ erfahren. Gesprächsanfänge wie „welche Fragen haben Sie an die Politik“ (öhmmm, gerade keine, kann mal jemand anders antworten ….) oder „kennen Sie unsere Förderprogramme“ (ähmm, nein …..) waren schon schwieriger. Bei diesen Fragen habe ich mich stärker zurückgehalten (das meine ich zumindest) und den beiden anderen Tischbesuchern zugehört. Lediglich am letzten Tisch meiner Gruppe kam kein echtes Gespräch mit dem Experten mehr zustande. Vielleicht lag es aber auch einfach an der mittlerweile fortgeschrittenen Uhrzeit.
Der weitaus wichtigere zweite Aspekt: durch die gemeinsamen Gespräche mit den Experten fand auch innerhalb der kleinen Gruppe ein Austausch statt. In meinem Fall führte das sogar zu einem ausführlichen Gespräch (über Innovation, Empathie, Projekte und Bienen) und einer weiteren Vernetzung über Social-Media-Kanäle. Gerade diese „beiläufige“ Art der Vernetzung fand ich sehr ansprechend.

Natürlich sind das alles erst einmal nur kleine Schritte, aber wie ich 2014 schon einmal in dem Blogbeitrag „Neues wagen“ geschrieben habe, sind diese kleinen Schritte extrem wichtig.

Mein Fazit
Schön, daß die Naumann-Stiftung das Thema Innovation aufgegriffen hat und dabei selber etwas Neues probiert hat. Mir hat der Abend sehr gut gefallen – das lag eben auch an den guten Gesprächen, die durch das Veranstaltungsformat möglich wurden – und ich bin auch motiviert, mich wieder stärker mit diesem Thema zu beschäftigen.

Ein Punkt hat sich allerdings nicht verändert – ich habe von der Veranstaltung auch getwittert. Meine Tweets und ein paar „Reaktionen“ habe ich einem Storify zur Veranstaltung zusammengefaßt.

Bleibt zum Abschluß eigentlich nur noch eine Frage: was haben Sie/habt Ihr in den letzten 12 Monaten Neues ausprobiert?