Hashtagverbot …….

Seit gestern habe ich die Diskussion um das „Hashtagverbot“ verfolgt. Dieses Thema hat natürlich eine rechtliche Seite – dazu haben sich Thomas Stadler und Thomas Schwenke schon geäußert.

Hier geht es mir um etwas anderes – um die gesellschaftliche und persönliche Seite, die so ein „Hashtagverbot“ mit sich bringt. Ich selber bin wenig sportbegeistert – schon als Kind war ich immer froh, wenn der Sportunterricht ausfiel. Trotzdem (oder vielleicht gerade deshalb) habe ich die großen Sportereignisse immer gerne verfolgt. Ich erinnere mich gerne an das Mitfiebern mit den vielen Sportlerinnen und Sportlern aus aller Welt und auf den Blick auf auch eher unbekannte Sportarten. Diese Begeisterung ist seit ein paar Jahren vorbei. Das Thema „Kommerzialisierung“ war irgendwie schon lange ein problematisches Thema, das Thema Menschenrechte kam irgendwann dazu. Trotzdem hatte ich – für mich – immer noch den Eindruck, daß da ein „Kern“ da war, der mich interessierte. Vielleicht wäre dieser Kern immer noch da, aber ich erlebe für mich eine „Wertekollision“.

Für mich waren die großen Sportereignisse immer auch gesellschaftliche Ereignisse. Früher saßen halt alle zur selben Zeit vor dem Fernseher, heute teilen wir unsere Erlebnisse über Social Media – zum Beispiel über Twitter. Und da fängt mein Problem an. Ich bin selbständig und nutze Twitter eben auch beruflich. Eigentlich kein Problem, wenn die „Auslegung“ von Werbung mit dem Ereignis durch die Verbände nicht so wahnsinng ausufernd wäre. Ja, ich habe durchaus Verständnis dafür, daß die Verbände Angst vor „ausnutzender Werbung“ (sogenanntes Ambush-Marketing) haben. In ihrer Angst sind die Verbände aber schon 2012 nach meinem Gefühl zu weit gegangen (siehe zum Beispiel hier und hier). Und dieses Jahr wird es halt noch ein bißchen schlimmer …….

Es ist sicherlich eine Frage, ob und in welchem Ausmaß das vom DOSB verkündete „Hashtagverbot“ für (damit werbende) Unternehmen verfolgt wird, was tatsächlich als Werbung empfunden wird. Was bei mir als Twitternutzerin und potentieller Zuschauerin hängenbleibt, ist der Wunsch, Hashtags zu monopolisieren – weit über das Notwendige hinaus. Ich habe keine Lust mir bei jedem Tweet Gedanken machen zu müssen, ob irgendjemand einen Tweet zu dem Sportereignis als Werbung für mich mißverstehen könnte. Ich habe keine Lust, daß mir irgendjemand unterstellt, mein Twittern über ein Sportereignis sei Werbung für mich. Wenn ich das, was ich sehe, aber nicht risikolos teilen kann, dann habe ich an dem Ereignis auch keinen Spaß. Daraus folgt für mich, daß ich das Sportereignis überhaupt nicht mehr verfolgen werde – weder vor dem Fernseher noch bei Twitter (auch in anderen Social-Media-Kanälen nicht). Die Hashtags werde ich – soweit möglich – blocken. Damit „entgeht“ mir dann auch die Werbung der offiziellen Partner. So wird aus früherer Begeisterung völlige Ablehnung.

Lieber DOSB – war es das, was Sie erreichen wollten?

Beste Nachricht des Tages

Es gibt im Moment ja viele schlechte Nachrichten – Angst und Schrecken, wohin man auch schaut. Schon lange habe ich gedacht, man könnte auch mal die guten Nachrichten stärker betonen. Aber „man“ – das sind natürlich immer „die anderen“ und irgendwie sagen die vermutlich auch „man könnte ja mal …“.

Wie auch immer: heute hat mich eine Nachricht erreicht, die für die große Welt vielleicht nicht „weltbewegend“ ist, die mich aber doch sehr gefreut hat – die wirklich beste Nachricht des Tages. Und als ich beim Blaubeerpflücken am Abend noch einmal über diese Nachricht nachdachte, mich noch einmal mit dem Absender freute, da habe ich beschlossen, daß ich mit dieser Nachricht die Kategorie der „guten Nachrichten“ eröffne.

Die beste Nachricht des Tages stammt von Christian de Vries und hier ist seine Nachricht.

Kann es eine bessere „gute Nachricht“ geben? Wohl kaum!

Kann denn Lesen Hobby sein?

Manchmal kommen Themen, die mich interessieren, auf ganz spannende Weise „zusammen“.
Schon seit einiger Zeit beschäftige ich mich mit „Fragen“ – vor allem mit guten Fragen, die Gespräche eröffnen und ermöglichen, die Nachdenken erlauben und einfordern.
Mittlerweile stoße ich auch immer wieder auf den Gedanken/die Frage, ob wir uns zu sehr mit (vermeintlich) „gewinnbringenden“ Dingen beschäftigen und wie das uns und unsere Gesellschaft prägt. Dazu passend habe ich vor ein paar Tagen begonnen das Buch „Von der Nützlichkeit des Unnützen“ (Untertitel: Warum Philosophie und Literatur lebenswichtig sind) von Nuccio Ordine zu lesen. In diesem Buch stellt Nuccio Ordine anhand von vielen literarischen und philosophischen Beispielen die Gedanken der „Nützlichkeit“ und der „Zielorientierung“ in Frage. Ein sehr spannendes Buch. Man kann sich leicht vorstellen, daß mich gestern die nachfolgenden Tweets sofort zu einer Antwort „reizten“:

Ausgangstweet: Kann man (heute) ein Hobby haben, das man nur seiner selbst wegen ausführt und nicht wegen Erfolg oder Anerkennung? Und ist das sinnvoll?

Zweiter Tweet: Ich frage, weil mir keines einfällt, das nicht wenigstens durch ein wenig Drang nach Anerkennung motiviert ist.

Dritter Tweet: Selbst gelesene Bücher landen häufig im Bücherregal für alle sichtbar. Man redet/bloggt über zuletzt gelesene Bücher.

Hier war sie – die spannende Frage! Und ich habe sofort mit einer Gegenfrage geantwortet:

Mein Antworttweet: Ist das denn schlimm? Ist nicht vielmehr entscheidend, ob ich etwas tue (zB Lesen) weil es mir wichtig ist?

Es folgte – und dafür war die Frage ein sehr guter Ausgangspunkt – eine spannende Diskussion über die Definition von Hobbies, über das Verständnis und die Notwendigkeit von Erfolg, Anerkennung und Zielen und die Abgrenzung zu Begriffen wie Zeitvertreib und Interesse. Wer möchte kann die Diskussionen (es gab noch weitere) hier und hier nachlesen.

Ich nehme diese wirklich gute Diskussion nun als Ausgangspunkt für meinen Blogpost!

Was ist denn eigentlich ein Hobby?
Irgendwann im Laufe des Gespräches tauchte die Frage auf, wie man ein „Hobby“ eigentlich definiert. Ich möchte diese Frage hier an den Anfang stellen, weil das eigene Verständnis des Begriffes „Hobby“ auch viel mit den Inhalten, Anforderungen und Abgrenzungen zu tun hat.

So richtig habe ich mir – vor dem gestrigen Gespräch – nie Gedanken über die Definition des Begriffes gemacht. Für mich war es immer etwas, das mit Entspannung und Freizeit zu tun hat, etwas das ich selbst auswähle. Die Definitionen, die ich gefunden habe gehen auch in diese Richtung – spannend ist dabei die Ableitung vom englischen Wort „hobby horse“ (wieder etwas gelernt!).

Schwierig ist auch die Abgrenzung zum Begriff „Zeitvertreib“. „Zeitvertreib“ empfinde ich in einem gewissen Ausmaß als wertenden Begriff, der irgendwie leicht negativ klingt – ich denke spontan an Langeweile, Zeit totschlagen müssen und Ähnliches. Eine richtige Abgrenzung konnte ich nicht finden, interessant fand ich aber, daß als Synonym für „Hobby“ auch „liebster Zeitvertreib“ angegeben wird. Ja, das paßt schon eher.

Brauchen Hobbies ein Ziel?
Eine verstörende Frage! Ich lese viel und gerne – aber in der Regel ohne ein konkretes Ziel und ohne Gedanken an die „Einsetzbarkeit“ oder „Nützlichkeit“ einer bestimmten Lektüre. Wenn ich etwas lese, lesen möchte – dann mache ich das, weil ich neugierig bin, weil mich das Thema oder der Autor/die Autorin interessiert, weil ich mich gerne mit bestimmten Fragen beschäftige. Das unterscheidet das private Lesen (das ich als „Hobby“ oder auch als „Leidenschaft“ ansehe) vom beruflichen Lesen. Wenn ich eine rechtliche Frage prüfe, dann suche ich natürlich zielgerichtet nach bestimmten Antworten – gibt es zu einer bestimmten Situation schon ein Urteil, hat sich die Rechtslage verändert, wie groß ist das Risiko. Privat – also in meiner Freizeit – lese ich anders. Ich nutze die freie Zeit, um aus einer (ziemlich großen) Auswahl von Büchern und Zeitschriften das zu lesen, was mich gerade in dem Moment anspricht. Natürlich können dann auch Inhalte dabei sein, die beruflich interessant sind oder es später werden, das ist aber nicht mein „Leseziel“ – das ergibt sich „nebenbei“.

Aber drehen wir die Frage für einen Moment um: führt das Festlegen eines Ziels dazu, daß eine Beschäftigung kein Hobby mehr ist? Ich zögere, weil mich die „Zielorientierung“ schon stört. Natürlich kann es Hobbies geben, die (auch) mit einem „Ziel“ betrieben werden – Sport, um den Körper fit zu halten, um sich nach einem anstregenden Tag auszupowern oder um Beschwerden (z.B. Rückenschmerzen) vorzubeugen; Fremdsprachen lernen – um sich in anderen Ländern mit Menschen verständigen zu können. Was überwiegt aber? Der prüfende Blick auf das Ziel oder die Leidenschaft an der Aktivität? Das ist für mich die wesentliche Frage für meine Abgrenzung zwischen einem Hobby und anderen Aktivitäten.

Ein Ziel zu haben führt also nicht notwendigerweise dazu, daß etwas kein Hobby mehr sein kann. Das bedeutet aber noch nicht, daß ein Hobby ein (konkretes) Ziel erfordert.

Lernen oder lesen?
Vielleicht wird an dieser Frage, die sich indirekt aus unserer Diskussion ergab eigentlich klar, warum das Hobby Lesen – zumindest für mich – kein Ziel erfordert. Auf eine bestimmte Art und Weise tauchte in unserer Diskussion die Unterscheidung zwischen Lernen (Wissen aus Sachbüchern erweitern) und Lesen (Romane) auf.

Ein weiterer Tweet:
Weil Sachbücher darauf ausgerichtet sind, das Wissen zu erweitern. Romane, in Welten einzutauchen.

Eine Unterscheidung, die ich nicht teile, die aber durchaus mit der Frage nach dem Ziel zusammenhängt. Lese ich, um zu lernen oder lerne ich, weil ich lese? Der Unterschied mag auf den ersten Blick gering erscheinen, er ist aber größer als man denkt. Der für mich größte Unterschied liegt in der Auswahl der Texte, die ich lese. Wenn ich „nur“ lese, um zu lernen, dann werde ich vermutlich (wie in dem Tweet auch beschrieben) eher Texte auswählen, die zu meinem Lernziel passen. Das können thematisch passende Sachbücher sein, Fachzeitschriften oder Blogbeiträge. Natürlich ist dieses zielgerichtete Lesen nicht schlecht, ganz im Gegenteil – ich freue mich immer, wenn Menschen lesen. Aber Lesen hat für mich noch eine andere Komponente: oft finde ich beim Lesen „Dinge“, die ich gar nicht erwartet hätte und die mich zu neuen Themen, neuen Autoren/Autorinnen und auch zu neuen Büchern und Texten führen. Beim Lesen von Texten, die ich nicht „zielgerichtet“ ausgewählt habe, sondern die mir einfach „gefallen“ oder mich „interessieren“ bewege ich mich abseits meiner eigenen Erwartungen. Das Buch von Nuccio Ordine ist ein gutes Beispiel. Titel und Klappentext haben mich damals, als ich es in einer Buchhandlung gesehen und gekauft habe, angesprochen. Ich habe dort kurz in das Buch hineingeschaut, konkrete Erwartungen hatte ich aber nicht. Umso interessanter ist es nun für mich, daß dieses Buch sich sehr stark in kurzen Kapiteln mit anderen Texten auseinandersetzt. Da sind spannende Querverweise – zum Beispiel zu Shakespeares „Der Kaufmann von Venedig“, den ich demnächst sicherlich lesen werde. Ich genieße es, mich mit Fragen und Texten zu beschäftigen, die eben nicht „notwendig“ sind, die ich beruflich gerade nicht „brauche“, die mich und mein Leben aber bereichern!

Interessanterweise kann ich oft Gedanken oder Themen, die aus meinem reichhaltigen Lesefundus stammen, an anderen Stellen wieder einsetzen und mit beruflichen oder persönlichen Themen verbinden. Das ist nicht mein Ziel beim Lesen und bei der Lektüreauswahl, es ist eher ein positiver und manchmal überraschender „Nebeneffekt“. Es bleibt beim Lesen halt mehr „hängen“, als man so denkt.

Sachbuch oder Roman?
Es war eine interessante Annahme, die gestern in dem Twittergespräch indirekt zutage kam. Wir diskutierten über die Abgrenzung von „Hobby“ und „Zeitvertreib“. Dabei stellte ich die Frage, was das Lesen im Zug eigentlich ist. Antwort: Zeitvertreib. Ich fragte nach, ob das am Ort liegt und bekam die Antwort: nein, Romane lesen ist für mich grundsätzlich Zeitvertreib.

Spannend! Denn ich habe während des ganzen Twittergesprächs zu keinem Zeitpunkt geschrieben, was ich im Zug denn überhaupt lese. Die Annahme an sich (Romane) ist natürlich nicht schlimm, sie ist aber so nicht zutreffend. Wenn die Unterscheidung nach Hobby oder Zeitvertreib tatsächlich auf einem Buchtyp beruhen würde, dann wäre eigentlich die Frage „was liest Du denn im Zug?“ naheliegend gewesen.

Es ist diese Einengung auf wichtige und weniger wichtige Werke, die mich wieder an das Buch von Nuccio Ordine erinnert. Wäre es schlimm und weniger sinnvoll, wenn ich „nur“ etwas Schönes lese? Ein Gedicht, eine Novelle, einen Roman?
Es ist meines Erachtens diese Wertung nach Nutzen und Bedeutung, die Kunst und Kultur immer weiter abdrängt. Gleichzeitig glaube ich, daß wir Kunst und Kultur brauchen, um uns mit unseren Werten, unserer Geschichte und damit auch unserer Zukunft auseinanderzusetzen. Ist ein Buch über Marketing wirklich wichtiger als Der Kaufmann von Venedig? Ich finde beides wichtig und möchte diese Vielfalt und die damit verbundene Anregung auch nicht missen.

Was ist mit Erfolg und Anerkennung?
Ich bin froh, daß ich mal wieder einen längeren Blogpost geschrieben habe. Das Thema hat mich inspiriert und natürlich freue ich mich auch, wenn jemand diesen Blogpost liest – vielleicht sogar bis zum Ende. Aber dabei geht es mir nicht um Erfolg oder Anerkennung, sondern eher um das Aufnehmen oder Weiterführen eines Gesprächs und um das Festhalten meiner Gedanken. Es mag sein, daß sich niemand dafür interessiert. Dann ist das halt so. Und wenn es anders ist, dann ergeben sich daraus vielleicht gute Gespräche. Egal wie, mir ist durch das Schreiben deutlich geworden, wie meine Haltung zu diesem Thema ist.

Noch weniger passen die Begriffe von Erfolg und Anerkennung für mich auf das Lesen selbst. Quantitativ mag Lesen durchaus meßbar sein – in der Zahl der gelesenen Bücher oder gar der gelesenen Seiten. Aber was sagt das für mich wirklich aus? Bin ich „erfolgreicher“ wenn ich in diesem Jahr 10 Bücher mehr lese? Habe ich versagt, wenn es 10 Bücher weniger sind? Was ist mit dem qualitativen Aspekt? Manchmal sind es gerade Bücher mit „sperrigen“ Themen oder Fragen, die lange nachwirken, manchmal werden aus Zufallsfunden Lieblingsbücher. Ich will das nicht messen und schon gar nicht will ich messen, was ein Buch in meinem Kopf oder in meinem Herzen bewirkt.

Fazit?
Lesen ist meine Leidenschaft, mein liebster Zeitvertreib, mein Hobby und es ist ein Genuß aus einer Vielzahl vermeintlich „wichtiger“ und „unwichtiger“, „nützlicher“ oder gar „unnützer“ Werke aller Art auswählen zu können. Ich entschwinde dann mal mit einem guten Buch …….