Über Schafe und Kuhhäute ….

Kai Biermann hat in der letzten Woche – unter dem Hashtag #wirschafe – bei Twitter gefragt, warum wir uns überwachen lassen und nicht dagegen protestieren. Eine gute und wichtige Frage, auf die er auch in kurzer Zeit ziemlich viele Antworten bekommen hat. Das Thema Überwachung beschäftigt mich persönlich auch – sogar sehr. Ich habe in den letzten Monaten viel dazu gelesen, einige Veranstaltungen besucht und auch immer wieder Diskussionen in sozialen Netzwerken (und auch manchmal auch im Fernsehen) verfolgt. Dabei ist mir immer wieder aufgefallen, daß oft eine (unglückliche) Vermischung von Themen stattfindet – so zum Beispiel von Datenschutz und Überwachung. Andere Aspekte – wie beispielsweise die Frage der Unschuldsvermutung – werden nur selten angesprochen. Und je mehr ich mich mit dem Thema beschäftige, umso komplexer erscheint mir alles.

1. Die Schafe …..
Wahrscheinlich würde ich diesen Beitrag jetzt gar nicht schreiben, wenn Kai Biermann einen anderen Hashtag ausgewählt hätte. Denn kurz bevor Kai Biermann seine Frage twitterte las ich – nach langer Zeit mal wieder – das Buch „Fahrenheit 451“ von Ray Bradbury und zwar gerade die Passage, in der Montag (die Hauptfigur des Werkes) nach einer Krise scheinbar zu seiner Arbeit zurückkehrt und Beatty ihn als „zur Herde zurückgekehrtes Schaf“ bezeichnet. Montag als Schaf, das zur Herde zurückkehrt – wir alle als Schafe und als Teile der Schafherde. Doch halt: es gibt ja auch eine andere „Geschichte“ über beziehungsweise mit Schafen (und Wölfen), nämlich „Outlearning the Wolfes“ – in der deutschsprachigen Fassung „Von Wölfen und Schafen„. Was wäre, wenn wir – wie die Schafe in dieser Geschichte – tatsächlich gemeinsam eine gute Strategie gegen die „Wölfe“ entwickeln? Sicherlich eine immense Herausforderung, aber auch eine unglaublich spannende Frage.

2. Die vermischten Aspekte ….
Es geht auf keine Kuhhaut (danke an Kristina Lucius für die sprachliche Anregung!), wie oft ich mich in den letzten Wochen und Monaten über die Vermengung der unterschiedlichen Aspekte geärgert habe. Selbst bei hochkarätigen Veranstaltungen werden die vielen Aspekte nicht auseinandergehalten.

Die Aspekte
– Datenschutz
– Nutzung sozialer Netzwerke
– Wirtschaftsspionage
– Überwachung (z.B. durch die NSA)

Vor einiger Zeit (ich meine es war auf dem CeBIT-Twittwoch am 06.03.2013) hat mal jemand gesagt, daß man in sozialen Netzwerken nur das schreiben sollte, was man auch problemlos in einem (gut gefüllten) Bus erzählen könnte. Ein gutes Bild, das ich gerne für die Beschreibung der unterschiedlichen Aspekte aufgreifen möchte:

Wenn ich in Wuppertal in einen Bus einsteige, dann muß ich entweder ein Ticket lösen oder eine vorhandene Fahrkarte vorzeigen. Es ist aber nicht erforderlich, daß ich meinen Namen angebe, meine Adresse, mein Geburtsdatum, mein konkretes Ziel, den Grund meiner Fahrt oder wen ich gegebenenfalls treffen werde. Datenschutz betrifft hier die Frage, welche Daten ich angeben muß, um etwas (in meinem Beispiel den Bus) nutzen zu können.

Natürlich gibt es – immer mal wieder – Menschen im Bus, die mich kennen und die mich mit meinem Namen begrüßen. Das istfür mich der Aspekt der sozialen Vernetzung. Ich treffe Menschen, die ich kenne oder ich lerne neue Menschen kennen und unterhalte mich mit ihnen. Ich erzähle ihnen zum Beispiel, wo ich gerade hinfahre, wie es mir geht, was ich am Wochenende gemacht habe oder was ich in den nächsten Tagen vorhabe. Dabei entscheide ich immer selbst, was ich wem erzähle! Ja, mir ist klar, daß auch die anderen Fahrgäste im Bus mitbekommen können, was ich meinem Gesprächspartner erzähle. Es liegt dann an mir, mit diesem Wissen verantwortungsvoll umzugehen: Ich kann leiser sprechen, ich kann flüstern oder ich kann ein Telefongespräch vorschlagen, wenn es um Dinge geht, die andere nicht mitbekommen sollen. Wichtig ist hier: es ist meine Entscheidung, ob und was ich einem Gesprächspartner erzähle. Mit dieser Entscheidung gebe ich natürlich Informationen preis, die mein Gesprächspartner sonst nicht hätte und die möglicherweise auch andere Menschen (wie zum Beispiel andere Fahrgäste und der Busfahrer) mitbekommen können. Das heißt aber nicht, daß ich auf Datenschutz verzichte!

Oft lese ich im Bus. Wenn niemand neben oder hinter mit sitzt, könnte ich durchaus auch beruflich relevante Texte lesen. Aber theoretisch könnte man natürlich eine Kamera und ein Mikrofon/Aufnahmegerät über den jeweiligen Sitzen installieren. Damit könnte jemand anderes „mitlesen“ oder meine Gespräche (auch leise gesprochene oder geflüsterte Teile) „mithören“. Ob dies „spannend“ und „ergebnisreich“ wäre, mag eine andere Frage sein, so wäre jedenfalls Wirtschaftsspionage denkbar.

Ja, und jetzt stelle ich mir vor, daß alle Gespräche und alle Aktivitäten im Bus lückenlos aufgezeichnet und gespeichert werden. Es kommt nicht darauf an, ob ich oder mein Gesprächspartner irgendwie „wichtig“ sind, ob wir bisher irgendwie mit „sicherheitsrelevanten Themen“ zu tun hatten oder gar wirtschaftlich bedeutende Rollen spielen. Nein, alles – jedes Gespräch, jedes geflüsterte Wort, jeder gelesene Text, jedes Hüsteln, jedes Rascheln wird lückenlos aufgezeichnet und gespeichert. Das ist Überwachung.

Natürlich könnte ich jetzt schweigen, keine Gespräche mehr führen und nichts mehr lesen. Aber das würde am Vorliegen einer Überwachung nichts ändern. Wer ist jetzt „böse“? Derjenige, der im Bus Gespräche führt oder etwas liest und gar nicht daran denkt, daß er oder sie überwacht wird oder derjenige, der überwacht, speichert und auswertet? Und was ist mit demjenigen, der es zuläßt, daß ich überwacht werde?

3. Die Auswirkungen …..

Überwachung ist sehr abstrakt und wenig greifbar, das macht es durchaus schwierig, die Folgen der Überwachung zu erkennen und uns davor zu „schützen“. Andererseits ist es wichtig, über mögliche Auswirkungen nachzudenken. Mein Ausgangspunkt hier ist die Frage, was macht das Thema Überwachung mit mir?

Der Verlust der Unbefangenheit
Es ist schleichend – aber ich merke, daß ich nicht mehr so unbefangen bin. Wirklich gemerkt habe ich es, als ich im Sommer eine Abstimmung zum Thema Snowden auf der Webseite eines Fernsehsenders sah und mir die Frage stellte „willst Du eigentlich irgendwann nochmal in die USA reisen“? Noch vor einem Jahr hätte ich mir – vor allem bei einem als seriös empfundenen Fragesteller – keine derartigen Gedanken gemacht. Dieser Verlust der Unbefangenheit geht einher mit einer schleichenden Selbstbeschränkung der Meinungsfreiheit. Was nützt mir die Meinungsfreiheit auf dem Papier, wenn eine – durch das Grundgesetz gedeckte – Meinungsäußerung möglicherweise dazu führt, daß ich in bestimmte Länder nicht mehr einreisen kann, daß Kontrollen an Flughäfen/Grenzen deutlicher werden oder ich gar auf einer „No-Fly-Liste“ aufgeführt werde.

Die Frage nach dem Vertrauen
Wem vertraue ich eigentlich noch? Und was ist überhaupt „Vertrauen“? Ich habe jetzt länger nach einer für mich stimmigen Definition gesucht. Im Hinblick auf diesen Blogbeitrag möchte ich die Erklärung von Georg Simmel aufgreifen, der Vertrauen wie folgt beschrieb: „Vertrauen als die Hypothese künftigen Verhaltens, die sicher genug ist, um praktisches Handeln darauf zu gründen„.

Wenn ich in meine Kindheit und Jugend zurückblicke, so bin ich mit einem Gefühl aufgewachsen, daß mir – wenn ich mich nur an die „vereinbarten Spielregeln“ halte – nichts „Böses“ passieren kann. Spielregeln waren – zunächst – die Ge- und Verbote meiner Eltern, später die Gedanken und Werte der 10 Gebote aber auch die Gedanken und Werte des Grundgesetzes. Gerade die familiären Reisen in die DDR waren im Hinblick auf das Thema „Meinungsfreiheit“ lehrreich. „Zuhause“ hatte ich immer das Gefühl, daß ich jede Meinung vertreten und äußern kann und darf, solange ich mich an die üblichen Regeln halte – also vor allem nicht beleidigend, nicht verleumdend, nicht fremdenfeindlich. Unabhängig von der konkreten Regierung (und der mehr oder weniger großen Zustimmung mit der jeweiligen Regierungspolitik) hatte ich doch immer das Gefühl, daß die Werte des Grundgesetzes wichtig sind und geschützt werden. Eine heile Welt? Es mag so klingen, aber so war es sicherlich nicht. Zu allen Zeiten gab es Skandale, Mißbrauch, Fehlentscheidungen – aber es gab auch immer eine kritische Presse, die Fehlentwicklungen aufgedeckt und dadurch oftmals Änderungen herbeigeführt hat. Aus meiner Sicht ein gutes Gleichgewicht. Von daher: ich habe über viele Themen diskutiert, vieles kritisiert – aber immer in dem Vertrauen darauf, daß meine Grundrechte geschützt sind.

Und jetzt? Jetzt fühlt es sich anders an. Es ist irgendwie einseitig. Ich halte mich – immer noch – an die „Spielregeln“. Aber plötzlich habe ich das Gefühl, daß Regierung und Staat ihren Teil der Vereinbarung nicht mehr so ganz erfüllen. Ich fühle mich im Hinblick auf meine Grundrechte nicht mehr geschützt. Vor allem fühle ich mich nicht mehr ernstgenommen, sozusagen reduziert auf die Rolle „Stimmvieh“ für die turnusmäßigen Wahlen. Den Vertrauensverlust habe ich besonders im Sommer bemerkt – die Stellungnahme von Herrn Pofalla vom 13 August 2013  steht beispielhaft für den tiefen Graben zwischen meinen Befürchtungen und den „Antworten“ aus der Politik. Das Sahnehäubchen wurde mir dann (sicher unfreiwillig) im Herbst geliefert, als der mögliche „Lauschangriff“ auf das Handy der Bundeskanzlerin plötzlich zu Protestwellen in der Politik führte.

Unschuldsvermutung oder Generalverdacht?

Schon lange bevor Snowden sein Wissen enthüllte, wurden die Ergebnisse einer Studie zum Thema Überwachung veröffentlicht (wobei ich diese Studie erst bei meinen Recherchen für diesen Blogbeitrag gefunden habe). Die Feststellung, daß Überwachung die Unschuldsvermutung untergräbt, hat mich persönlich wenig überrascht, konkret ist dies ab Seite 283 in der Studie nachzulesen. Was hat es mit der Unschuldsvermutung auf sich? Ein wesentlicher Grundgedanke war (und ist), daß ein verdächtigter beziehungsweise beschuldigter Mensch nicht seine Unschuld beweisen muß, vielmehr muß die Strafverfolgungsbehörde seine Schuld beweisen. Dieses Grundprinzip hat in den letzten Jahren zwar schon „gelitten„, im Zuge einer Überwachung verändert sich diese Beweislast plötzlich ganz wesentlich: wenn Strafverfolgungsbehörden Beweise aus einer Überwachung vorlegen, dann muß der betroffene Mensch beweisen, daß er (oder sie) trotzdem unschuldig ist. In vielen Fällen mag das möglich sein – trotzdem verändert es Grundgedanken, die ich bisher für wichtig und wesentlich hielt. Und irgendwie verändert es auch meine Herangehensweise an das Thema: dachte ich bisher – im alten Vertrauen – eher „wenn da ermittelt wird, dann wird das schon seinen Grund haben“, so stelle ich mir jetzt eher die Frage, worauf ein Verdacht wohl beruhen könnte…..

Und ganz ehrlich: Liegt dem Gedanken der Überwachung nicht irgendwie der Gedanke des Generalverdachts zugrunde?

Demokratie …….
Gleichzeitig stelle ich mir auch die Frage, welche Auswirkungen das Thema Überwachung auf unsere Demokratie haben wird. Können wir überhaupt noch von „Demokratie“ reden, wenn wir alle überwacht werden? In der Hamburger Erklärung wird das Thema meines Erachtens gut auf den Punkt gebracht: Demokratie braucht den Widerspruch der Bürger. Überwachung führt aber dazu, daß Bürger ihren Widerspruch nicht mehr äußern und fördert so unter anderem Konformismus und den Rückzug ins Privatleben. Gleichzeitig werden die wenigen Menschen, die sich noch „trauen“ sichtbarer und damit unter Umständen auch angreifbarer – eine Atmosphäre die mich sehr stark an die Schilderung im Roman Fahrenheit 451 erinnert.

Und das Thema „Sicherheit“?
Immer wieder wurde und wird die Überwachung mit dem Hinweis auf unsere Sicherheit begründet. Zugegeben, ich finde den Gedanken an Anschläge schrecklich. Die Bilder von 9/11 in New York, von den Anschlägen in Madrid und an anderen Orten habe ich – natürlich – im Hinterkopf, während ich diesen Beitrag schreibe. Und natürlich möchte ich keinen Anschlag erleben, keine Familienangehörigen und Freunde bei Anschlägen verlieren oder leiden sehen. Gleichzeitig erscheint mir die Zuspitzung „Freiheit oder Sicherheit“ falsch. Schon Benjamin Franklin hat davor gewarnt, die Freiheit für eine kurzfristige Sicherheit aufzugeben. Störend sind für mich vor allem zwei Aspekte – zum einen der fehlende Nachweis der (angeblich) durch die Überwachung verhinderten Anschläge, zum anderen das, was Daniel Kahneman in seinem Buch „Thinking, Fast and Slow“ als Verfügbarkeitskaskade bezeichnet, wenn wir zum Beispiel die Wahrscheinlichkeit eines Ereignisses (oder die damit verbundenen Auswirkungen) aufgrund medialer Berichterstattung völlig falsch einschätzen und darauf basierend irrational reagieren beziehungsweise entscheiden.

Hätten wir wirklich die absolute Sicherheit, wenn wir auf unsere Freiheit verzichten? Ich glaube das nicht!

4. Die Auswüchse ….
Was technisch möglich ist, wird (irgendwann) auch genutzt. Insofern glaube ich nicht wirklich an die Möglichkeit, Überwachung „abzuschaffen“ oder „einzudämmen“. Ich befürchte eher, daß wir uns ernsthaft mit den Auswirkungen beschäftigen müssen. Leider habe ich in den letzten Wochen den Eindruck gewonnen, daß auch in Deutschland das Thema „Überwachung“ zunimmt – allerdings mit einer „netten“ Verpackung. Abgesehen vom (leidigen) Thema Vorratsdatenspeicherung bin ich über folgende „Projekte“ gestolpert:
– eine Kfz-Versicherung, die den Fahrstil überwacht
– elektronische Erfassung der Fahrgäste im Verkehrsverbund Rhein-Ruhr (VRR)
– die mögliche Nutzung der Maut-Daten
– mögliche „Überwachung aus der Steckdose“ durch Stromzähler (sogenannte „Smart Meter„)

Wahrscheinlich gibt es noch mehr „Projekte“, aber das alles geht für mich schon auf keine Kuhhaut mehr! Und nun? Ich weiß es nicht! Ich schwanke immer wieder zwischen Verärgerung, Ratlosigkeit, Irritation und Verzweiflung. Aber ich möchte – ganz im Sinne der Geschichte mit den Schafen und den Wölfen – etwas gegen die wölfische Vorgehensweise machen und ein lernendes Schaf in einer lernenden Schafherde sein!

5. Noch einmal Schafe!
Wenn „wir Schafe“ selber nichts gegen die „Wölfe“ unternehmen, dann kann es uns durchaus so ergehen wie den Schafen in der Fabel „Die Schafe und die Hunde“ von Iwan Andrejewitsch Krylow. Schutz vor den Wölfen heißt nicht unbedingt, Schutz für die Schafe ……

Twitterview – ein mutiges Experiment!

Heute wagte sich Karl-Thomas Neumann, der „Chef“ von Opel, in ein „Twitterview“ mit Spiegel Online. Eine Stunde lang stellte er sich auf Twitter unter dem Hashtag #twopel den Fragen von Spiegel Online, in geringerem Ausmaß auch den Fragen von interessierten Twitterern.

Twitterview?
Menschen, die twittern, sind oftmals auch bei der Wortfindung sehr kreativ. So hat sich der Begriff „Twitterview“ für ein über Twitter geführtes Interview entwickelt – sozusagen als Kurzform für „Twitter Interview“. Die Fragen werden allerdings nicht nur von einem Interviewer gestellt, vielmehr handelt es sich um ein „öffentliches“ Gespräch auf Twitter, an dem über den Hashtag viele Menschen aktiv und passiv teilnehmen können.

Die Rahmenbedingungen

Jedes Interview basiert auf einer Absprache: wer sind die Gesprächspartner, wo findet das Gespräch statt, werden die Fragen vorher abgestimmt, um welche Themen geht es …. Diese Absprache ist auch für ein Twitterview von Bedeutung und sollte keineswegs auf Uhrzeit und Hashtag beschränkt sein, denn hier gibt es einen „dritten“ Mitspieler – die „Twittergemeinde“.

Die Erwartungen der „Twittergemeinde“ an das Twitterview mit Karl-Thomas Neumann waren ziemlich hoch. Die meisten Twitterer gingen ganz klar davon aus, daß sich Herr Neumann gerade auch den Fragen der „normalen“ Twitterer stellt und nicht nur den Fragen von Spiegel Online. Die Ankündigung von Spiegel Online hatte ich im Vorfeld nicht gelesen, sie liest sich jedoch so, als ob nur eine direkte Interaktion zwischen Herrn Neumann und Spiegel Online geplant war, eine Moderation von „Leserfragen“ sollte wohl über Spiegel Online erfolgen.

Und genau hier wurde es schwierig: viele Menschen stellten über Twitter interssante Fragen. Doch diese Fragen wurden weder von Herrn Neumann noch von Spiegel Online aufgegriffen. Schnell machte sich Enttäuschung über das Format bzw. die (fehlende) Reaktion von Herrn Neumann breit (zum Beispiel hier und hier.

Auch das Storify von Spiegel Online enthält – obwohl ich viele Tweets mit dem Hashtag #twopel gesehen habe, nur die Tweets (bzw. Retweets) von Spiegel Online und von Herrn Neumann.

Lerneffekt?
Ich war zunächst auch überrascht, daß die „Publikumsfragen“ im Twitterview kaum zum Tragen kamen. Spiegel Online hat anscheinend gerade einmal drei Tweets retweetet. Das ist natürlich zu wenig, um den aktiven Twitterern das Gefühl einer Gesprächsbeteiligung zu geben. Trotzdem finde ich es gut, daß Herr Neumann dieses Experiment gewagt hat. Nur dann, wenn wir etwas ausprobieren, können wir auch lernen.

Aber was ist für mich der Lerneffekt:
– Ich wünsche mir klar kommunizierte Rahmenbedingungen, die gerade am Anfang auch noch einmal per Twitter mitgeteilt werden.
– Ich wünsche mir von Seiten der Interviewer mehr Interesse an den Publikumsfragen.
– Hilfreich wäre es auch gewesen, wenn jemand vom Interviewer-Team auf den „Unmut“ der Twitterer reagiert hätte (Beispiel: danke für die vielen tollen Fragen, wir werden gleich ein paar davon aufgreifen).
– Ich wünsche mir aber auch von den mitlesenden Twitterern einen freundlichen und wohlwollenden Umgang mit Twitterview-Gesprächspartnern. Das Format des Twitterviews ist noch nicht sehr alt und wir alle müssen erst lernen, wie wir damit umgehen. Auch wenn ich die Enttäuschung in einem gewissen Ausmaß verstehen kann, so sollten wir doch alle etwas ausprobieren können und nicht sofort „Perfektion“ einfordern.

Mich persönlich würde sehr interessieren, wie Herr Neumann das Twitterview erlebt hat. Ich habe ihm über Twitter diese Frage gestellt, leider habe ich noch keine Antwort erhalten.

Das Format „Twitterview“ an sich finde ich einerseits spannend, andererseits aber auch ziemlich anspruchsvoll. Gerade bei bekannten Gesprächspartnern dürfte es schwierig sein, Gesprächsfäden über den Hashtag im Blick zu halten. Hier wäre wahrscheinlich eine begleitende Unterstützung notwendig, die Fragen aufgreift, sammelt oder angemessen auf Tweets reagiert.

Mein erstes Barcamp

Stefan Evertz hat in der Blogparade „Dein erstes Barcamp“ dazu aufgerufen, über den ersten Barcamp-Besuch zu berichten. Er möchte wissen, wo, wann und wie das erste Barcamp war und auch, was sich „barcampmäßig“ seitdem ergeben hat.

Der Start: Düren

Meine Barcamp-Premiere fand am 28.04.2012 beim Barcamp Düren statt. Schon lange vorher hatte ich das Thema Barcamp lesend verfolgt, aber aus zeitlichen Gründen (Mediationsausbildung von März 2010 bis Januar 2012) mußte ich bis April 2012 warten. Zeitlich lag auch dieses Barcamp ungünstig (das Wochenende vor der #rp12 in Berlin), aber Markus Jakobs hat beim Twittwoch Köln im April 2012 so enthusiastisch für das Barcamp geworben, daß ich mich für einen Tag angemeldet habe.

Der Start war allerdings holprig. Ich kam pünktlich um 9 Uhr vor Ort an und sah ein paar mir unbekannte Menschen an kleinen Caféhaustischchen verteilt sitzen und gebannt auf ihre Smartphones, Notebooks und Tables schauen. Ich kannte niemand (außer Markus am Empfang). Ich habe einige Minuten schwer mit meinem inneren Schweinehund gekämpft (gehen oder bleiben oder gehen oder bleiben …..). Naja, ich bin geblieben – aber es ist mir schon schwergefallen.

Eine kleinere Runde von Menschen (ca. 40) fand sich dann etwas später in einem großen Saal ein. Dort fand die Vorstellungsrunde mit den drei Hashtags statt, die ich glücklicherweise schon vom Twittwoch Ruhr kannte. Der Vorteil der relativ kleinen Runde offenbarte sich etwas später. Zum einen gab es schnell persönliche Gespräche, zum anderen bestand die Chance relativ spontan im Laufe des Nachmittags doch noch eine eigene Session anzubieten. So habe ich – zum Abschluß meines ersten Barcamps – ein sogenanntes „Pre Mortem“ mit den Teilnehmern des Barcamps gemacht.

Das Barcamp Düren war auch der „Anlaß“ ein eigenes Blogprojekt zu Social-Media-Themen aufzusetzen (anfänglich bei posterous, mittlerweile bei wordpress). Über das Barcamp Düren und meine Session habe ich auch meine ersten „Blogposts“ geschrieben.

Die zweite Runde: Karlsruhe

Die nächste Runde ging an das Barcamp Karlsruhe im Juli 2012. Das Barcamp in Karlsruhe war etwas größer, etwas weiter weg und daher doch wieder etwas „ungewohnt“. Die große Zahl der Namen bei der Vorstellungsrunde konnte ich mir gar nicht merken, bekannte Gesichter gab es für mich kaum. So fiel mir der Zeitraum bis zum Start der Sessions schon etwas schwerer (obwohl ich sogar bei der Vorabendveranstaltung dabei war). Der Vorteil der großen Teilnehmerzahl zeigte sich jedoch bei der großen Auswahl der Themen und Sessions – für mich waren einige spannende Themen dabei, die ich twitternd mit meiner Timeline geteilt habe. Zudem habe ich – ganz regulär – selber eine Session vorgeschlagen und gehalten, mein „Urheberrechtsquiz“. In einer kleineren Runde konnte ich dies bei einem größeren Barcamp austesten.

Danach ….

In der Folgezeit habe ich zwar mit dem ein oder anderen Barcamp-Termin geliebäugelt, aber geklappt hat es dann erst wieder im August mit dem scicamp in Essen und am 02.09.2012 in Berlin mit dem c3s Barcamp. Mein erstes thematisches Camp hatte gleichzeitig einen spannenden Vorteil – es fing erst um 12 Uhr mittags an. So konnte ich wenigstens einmal „ausgeschlafen“ an einem Barcamp teilnehmen! Der Nachteil war, daß ich etwas früher gehen mußte, um meinen Zug nach Wuppertal noch rechtzeitig zu ereichen. Der Einblick in das Thema c3s war aber sehr spannend.

Ende September folgten gleich zwei sehr unterschiedliche Barcamps – das CorporateLearningCamp in Frankfurt am 28.09.2012 und das Barcamp Siegen am 30.09.2012.

Das Jahr 2012 endete „barcampmäßig“ für mich mit dem Barcamp Rhein-Main in Wiesbaden am 24. und 25.11.2012.

2013 startete verhalten – mein erstes Barcamp war „erst“ im April und zwar das gpluscamp in Essen, gefolgt vom Barcamp Düren Anfang Juni, dem Tweetcamp in Köln  Mitte Juni, dem OER-Camp in Köln und dem Corporate LearningCamp im September und dem Barcamp Düsseldorf im Oktober.

Liebenswürdige und „skurrile“ Eigenheiten unterschiedlicher Barcamps

Jedes Barcamp hat seinen eigenen Charaktert, seine Eigenheiten und seine skurrilen Seiten …. – hier ein kleiner Bericht über die „Dinge“, die mir im Laufe der Zeit aufgefallen sind.

Die Eigenheiten fangen schon mit der Registrierung an: eigentlich sollte ich es ja mittlerweile wissen, daß beim Barcamp Rhein-Main immer schon die Hashtags abgefragt werden. Aber auch dieses Jahr hat mich diese Frage überrascht und ich war – wieder einmal – nicht darauf vorbereitet. Ich weiß auch nicht mehr, welche Hashtags ich angegeben habe …….. Wahrscheinlich werde ich sie im November völlig überrascht auf meinem Namensschild entdecken!

Etwas umständlich war die Registrierung für das Barcamp Düren 2013: so schön es sein mag immer wieder neue Tools auszuprobieren, die Nutzerfreundlichkeit sollte nicht völlig verloren gehen. Ich habe minutenlang nach einer Möglichkeit gesucht, mich nur für einen einzigen Tag anzumelden – ohne Ergebnis. Etwas genervt habe ich dann meine „eingeschränkte“ Anwesenheit per Twitter-DM mitgeteilt – gut für den Organisator, nervig für mich.

Die charmanteste Bewerbung hatte aus meiner Sicht das Barcamp Siegen im Jahr 2012. Selten habe ich ein Orga-Team erlebt, daß sich so sehr über jede einzelne Anmeldung gefreut und mit so viel Hingabe um jede Anmeldung gerungen hat. Hut ab, liebes Orga-Team (und auch herzlichen Dank für den Abholservice am Siegener Bahnhof)!

Mit dem Thema „Kaffee“ geht es weiter. An manchen Orten wird der Kaffee liebevoll vorbereitet, an anderen vernachlässigt und oft ist Tee auch ein heikles Thema. Besonders gut schneidet hier das Barcamp Düsseldorf ab – der Service der bei der RP Online erbracht wurde, ist wahrscheinlich kaum zu toppen – gerade weil ein solcher Service für Barcamps nicht üblich ist. Vor meinem inneren Auge erscheinen da eher Probleme mit Kaffeemaschinen (Wiesbaden und Köln) und Pappbecher, die wir mit Namen beschriften sollten (Siegen).

Mein allererstes „Barcamp-Teilnahmezertifikat“ habe ich beim CorporateLearningCamp erhalten – ein Highlight in meiner „Dokumentensammlung“. Vom Corporate Learning Camp kenne ich auch die Begleitung der Sessions durch Etherpads. In einem leeren Sessionplan wird jeder Session schon ein Etherpad zugeteilt, einige Teilnehmerinnen und Teilnehmer der Session werden dann gebeten, die jeweilige Session im Etherpad zu begleiten. Auf diese Art und Weise wird während der Veranstaltung schon eine Dokumentation der Sessions erstellt. Perfektioniert hat diese Vorgehensweise das OER-Camp in Köln – dort erhielt ich schon wenige Minuten nach der Sessionplanung einen ausgedruckten Sessionplan mit den Angaben zu den Etherpads.

Warum eigentlich?

Warum fahre ich eigentlich – immer mal wieder – zu Barcamps? Es ist für mich eine gute Möglichkeit, Menschen kennenzulernen, die sich außerhalb meiner „normalen“ Welt bewegen und es ist vor allem eine gute Gelegenheit, mich mit anderen Themen und Blickwinkeln zu befassen. Das erfordert jedoch viel Offenheit und Neugier – für Themen und für Menschen. Eine „kleine“ Hürde ist dabei für mich oft der Bereich zwischen Ankunft (Frühstück, Vorstellungsrunde, Sessionplanung) und Beginn der ersten Session. Einfacher ist es natürlich, wenn ich vor Ort schon ein paar Menschen kenne, sonst ist sehr viel Eigeninitiative (und manchmal auch Überwindung) gefragt, wenn man nicht alleine frühstücken möchte! Auch über manche Sessions war ich in der Vergangenheit enttäuscht. Oft standen „fertige“ Präsentationen im Vordergrund, der Austausch blieb dann manches Mal auf der Strecke. Schon letztes Jahr habe ich meine Gedanken dazu aufgeschrieben, viel hat sich seitdem nicht geändert. Immer wieder erlebe ich es so, daß gerade da, wo Menschen Fragen stellen oder in der Session intensive Gespräche stattfinden, mehr „hängen“ bleibt als bei reinen Präsentationen.

Fazit

Ich kann allen, die grundsätzlich neugierig sind, nur raten das Format „Barcamp“ zumindest einmal auszuprobieren und es auch zumindest einen Tag lang (besser: ein Wochenende) auszuhalten. Entweder ist der Funke dann übergesprungen oder man weiß, daß es nicht paßt!

Bessere Blogbeiträge ….

…. möchte Christian de Vries lesen – und damit dieser Wunsch in Erfüllung geht, teilt er sein profundes Wissen immer mal wieder in Barcamp-Sessions. Ich hatte sowohl beim gpluscamp (12. und 13.04.2013 in Essen) als auch beim Barcamp Düsseldorf (vom 12. bis 13.10.2013 in Düsseldorf) die Gelegenheit von Christians Wissen zu profitieren.

Christians Erwartungen an gute Blogbeiträge sind ziemlich hoch – und das ist auch gut so. Nach dem gpluscamp habe ich daher auf manchen „Blogbeitrag“ verzichtet, weil er meine eigenen Erwartungen nicht erfüllt hätte (von den Erwartungen, die Christian an gute Blogbeiträge stellt, ganz zu schweigen). Aber was macht einen guten Blogbeitrag aus?

Wichtige Vorfragen
Schon bevor das eigentliche Schreiben losgeht, können wir uns mit ein paar Fragen den Schreibvorgang erheblich erleichtern:
– Wichtig ist zunächst die Frage, welche Art von Beitrag wir überhaupt schreiben möchten. Ist es zum Beispiel eine Nachricht, ein Gedanke, ein Reisebericht?
– Was wollen wir mit dem Text transportieren?
– Welche unterschiedlichen Stilmittel gibt es?
– Was ist ein guter Einstieg? Dabei sollten wir uns unbedingt von dem Gedanken lösen, daß wir immer chronologisch berichten. Wichtig ist eher: was war für uns der spannendste beziehungsweise beeindruckendste Moment?
Vor allem: immer an den Leser denken! Hilfreich ist dafür die Gegenfrage: Wie lesen wir selbst? Wann sind wir genervt?

Der Inhalt
Schon in den ersten Satz (notfalls in die ersten beiden Sätze) sollten wir alle wichtigen Informationen packen. Was wirklich wichtig ist, können wir anhand der „W-Fragen“ herausfinden, nämlich:
– wer
– was
– wo
– wie
– wann
– warum
Der anhand dieser Fragen erstellte Satz bildet sozusagen den „Vorspann“ unseres Blogbeitrags.
Erst danach folgt die Erklärung, wie/warum wir zu etwas (zum Beispiel zu dem Thema) gekommen sind und damit der „eigentliche“ Beitrag. Der Vorspann nimmt dabei gerade nicht die Spannung weg. Vielmehr informiert der erste Absatz den Leser und verführt ihn dazu, weiterzulesen.

Im eigentlichen Beitrag können wir dann – zum Beispiel im Rahmen einer „Reportage“ – durch Sätze Bilder in den Köpfen unserer Leser erzeugen und einen richtigen Spannungsbogen aufbauen.

Wie ist das aber mit „Kommentaren“? Der Leser muß schon erfahren, worauf er sich einläßt. Unter Umständen kann es daher hilfreich sein, einen Kommentar schon „oben“ als solchen zu bezeichnen. Auch in einem subjektiven Beitrag zu einem Thema können wir  – bevor wir selbst Stellung beziehen – die Fakten kurz zusammenfassen.

Und nicht vergessen: Links sind Service!

Übliche Fehler
Ja, leider machen wir alle ziemlich viele Fehler. Einige „Standardfehler“ hat Christian auch aufgezeigt:
– wir packen zuviele (unterschiedliche) Themen in einen einzigen Beitrag. Es ist besser, pro Thema/Aspekt einen eigenen Beitrag zu schreiben.
– aktive Sprache verwenden, möglichst keinen Passiv
– wir strukturieren unsere Text nicht/nicht ausreichend: gerade bei längeren Texten sind Absätze und auch Zwischenüberschriften wichtig und machen Texte lesefreundlicher. Auch der Einsatz von optischen Mitteln (z.B. Spiegelstriche für Pro- und Contra-Argumente) kann Texte besser lesbar machen.
– wir sollten unbedingt kürzere Sätze schreiben. Ein guter Satz kommt in der Regel mit 14 Wörtern aus. Eine hilfreiche Übung für kürzere Sätze: im geschriebenen Textentwurf probeweise einfach alle Kommas durch Punkte ersetzen.
– übliche Abkürzungen sollten wir unbedingt ausschreiben. Jede Abkürzung hemmt den Lesefluß!

Zur Übung hilft es, den Text erst einmal „herunterzuschreiben“ und dann rigoros zu redigieren!

Fotos und Zitate
Fotos können einen Text beleben und aussagekräftiger machen. Bei Fotos sollten wir aber darauf achten, daß sie inhaltlich zum Text passen. Einfach „so“ ein Foto einzufügen, stellt keinen Mehrwert dar. Bei Fotos von Personen sollten wir auch darauf achten, daß Foto so einzubinden, daß die Menschen auf dem Foto nicht aus dem Text „herausschauen“. Beispiel: wenn jemand auf einem Foto nach rechts schaut, dann gehört dieses Foto nicht an den rechten Rand des Textes.
Auch wörtliche Zitate sind sehr wertvoll. Dabei sind zwei Punkte wichtig:
– wir sollten unbedingt darauf achten, daß wir richtig zitieren
– bei wichtigen Zitaten ist es unter Umständen hilfreich, wenn wir vor der Veröffentlichung eine Freigabe des Zitats einholen

Die Überschrift
Der gute Blogbeitrag braucht natürlich auch eine gute Überschrift. Manchmal ist das jedoch gar nicht so einfach. Christian schlug uns dafür folgenden Weg vor: auf einen Zettel (ja, richtig: Stift und Zettel – ganz analog) einfach drei mögliche Überschriften aufschreiben, dann den Zettel für (mindestens) eine Stunde zur Seite legen. Nach dieser Zeit wieder auf den Zettel schauen – und dann ist sofort klar, welche Überschrift paßt.

Sponsorendank
Gerade bei Barcamps ist es üblich und (für die Finanzierung des nächsten Barcamps) wichtig, die Sponsoren zu erwähnen. Stefan Evertz hat seine Vorschläge zum Sponsorendank in einem eigenen Blogbeitrag ausgeführt. Die Erwähnung der Sponsoren am Anfang oder mitten im Text kann unter Umständen den Lesefluß hemmen. Eine „gute“ Lösung kann es daher sein, die Sponsoren unter dem Beitrag zu erwähnen. Michael Ludwig Höfer hat das in seinem Blogpost zum ColearningCamp meines Erachtens gut gelöst.

Meine Sicht der Dinge ….
Erst vor ein paar Tagen habe ich einen Blogbeitrag über eine Reise überflogen, der chronologisch aufgebaut war. Sicher eine tolle Reise, aber mich als Leserin hat der Text nicht gefesselt. Insofern bin ich froh, daß Christian so deutlich auf Fehler und auch Chancen hingewiesen hat. Aber wie immer im Leben ist die Theorie leichter als die Praxis. Sätze mit nur 14 Wörtern? Selten! Kommas weglassen? Kein Problem – ich stehe sowie mit der Kommasetzung auf Kriegsfuß! Zwischenüberschriften bei längeren Texten? Ja, gerade hier erstmalig versucht.
Und sonst? Schwer zu sagen, ob meine Blogbeiträge nun „besser“ werden. Aber es hilft eindeutig, daß ich jetzt weiß, wo das Verbesserungspotential liegt (oder liegen könnte ….).

Christian hat seine allererste Session übrigens auch in einem Blogbeitrag festgehalten.

Und hier noch mein herzlicher Dank an die Sponsoren des #barcampDUS, die durch ihre Unterstützung das Barcamp erst möglich gemacht haben:
RP Online
simyo
DocMorris
seitwert
circit

Eine irritierende (An-)Frage …..

Heute erreichte mich über Twitter eine (An-)Frage aus meinem Social-Media-Umfeld, die mich ganz ehrlich irritiert und etwas ratlos zurückläßt. Und weil ich so ratlos und irritiert bin, möchte ich diese „Geschichte“ mit Euch teilen und möchte wissen, was Ihr darüber denkt! Wie geht Ihr mit solchen Anfragen um?

Worum es geht: seit Mai letzten Jahres mache ich immer mal wieder ein „Urheberrechtsquiz„. Meine Premiere hatte ich beim Twittwoch Ruhr und seitdem hatte ich auf Barcamps, Konferenzen und auch Netzwerktreffen immer mal wieder die Gelegenheit, dieses spannende Format anzuwenden. Wesentlicher „Erfolgsfaktor“ (und gleichzeitig auch „Zeitfaktor“ bei der Vorbereitung) ist aus meiner Sicht, für die jeweiligen Teilnehmer spannende Quizfragen zu entwickeln, die tatsächlich zu einem intensiven Austausch mit den Teilnehmern führen.

Und hier der kleine Twitter-DM-Dialog (geringfügig gekürzt und ohne persönliche Namen/Angaben) – ergänzt um meine „Gedanken“:

Fragesteller: Hallo Astrid, hast Du eine Liste mit Urheberrechtsquiz-Fragen, die Du mir geben kannst? (Grußformel)

Astrid denkt: Ähhmm, was ist das denn für eine Anfrage? Warum sollte ich denn jetzt jemandem einfach so meine Fragen schicken? Und zu welchem Zweck? Aber es könnte ja auch nett gemeint sein …. Vielleicht geht es ja darum, einen Kontakt herzustellen oder etwas vorzuschlagen. Also vielleicht erst mal nachfragen?

Astrid antwortet: Für welchen Zweck? Was willst Du damit machen?

Astrid denkt: Wichtig wäre ja auch zu wissen, wer die Zielgruppe ist ….

Astrid antwortet: Und: für welche Zielgruppe?

Fragesteller: Medienkompetenzschulung für XXX in XXX, ich will unter anderem Urheberrecht spielerisch behandeln

Astrid denkt: Öhhmmm, Moment! Da macht jemand eine Schulung und möchte dafür mein Konzept einsetzen? Habe ich das jetzt echt richtig verstanden? Vielleicht doch noch mal nachfragen?

Astrid antwortet: Das heißt, Du möchtest das mit meinem Konzept machen?

Fragesteller: Nein, nicht direkt. Ich habe meine Schulung für … (Termin) vorbereitet, mir fehlen nur noch ein paar Quizfragen.

Astrid erhält Tagesordnung der Schulung per Email. Bei der halbtägigen Schulung ist ein Zeitraum von circa 60 Minuten für rechtliche Bereiche (unter anderem Urheberrecht, Recht in den Neuen Medien, Fallbeispiele) vorgehsehen.

Astrid denkt: Das paßt doch gar nicht! Und einfach Fragen aus dem Zusammenhang zu reißen, macht auch irgendwie keinen Sinn. Und überhaupt: was hätte ich eigentlich davon, die Fragen zur Verfügung zu stellen?

Astrid antwortet: Finde ich ehrlich gesagt problematisch. Da möchte ich Dir nicht einfach meine Fragen (die Erstellung kostet mich echt Zeit) übergeben.

(Ende des Twitter-DM-Dialogs)

Ja, und jetzt sitze ich hier und bin immer noch irritiert. Einerseits finde ich es wichtig, Wissen zu teilen, Fragen zu beantworten und andere – im Rahmen meiner persönlichen und zeitlichen Möglichkeiten – zu unterstützen. Das gehört für mich zu einer guten und sinnvollen Vernetzung dazu. Andererseits fühlte ich mich durch die Anfrage eher „ausgenutzt“. Daher meine Frage: was hättet Ihr gemacht?

Ein Buch ist ein Buch ist ein ….?

Zugegeben: ich bin Vielleserin (man könnte mich auch als „Leseratte“ bezeichnen). Und dementsprechend befinden sich um mich herum Horden von gedruckten Büchern. In Regalen, in Schränken, in Stapeln, auf Tischen, neben meinem Bett, in meinen Taschen und auch in Kartons. Ja, ich weiß, daß es E-Books gibt – aber bisher gab es für mich keinen Grund, ein E-Book zu kaufen. Warum auch? Ein E-Book ist ja „nur“ derselbe Text in einem digitalen Format. Das Lesen am Computer oder auf anderen elektronischen „Devices“ finde ich persönlich etwas mühsam und ich merke immer wieder, daß ich mir Texte zum Lesen lieber ausdrucke. Aber vielleicht könnte es ja doch einen Weg geben, mich zu einem (besonderen) E-Book zu überzeugen?

Vor ein paar Tagen fand ich in einem Buch („The Haunted Bookshop“ von Christopher Morley) den interessanten Hinweis, daß es sich bei dem Buch um ein „HYBRIDBOOK“ handelt und zwar vorne als Hinweis und hinten mit einer kurzen Beschreibung und einem QR-Code bzw. einem Link. Dort findet man einen Downloadbereich für EPUB, KINDLE und PDF (jeweils für iPhone/iPad und andere Computer/Tablets etc. Und was verbirgt sich im heruntergeladenen Dokument? Der Buchtext an sich, Informationen über den Autor, einige (alte) Bilder, Hinweise zu zitierten Werken – insbesondere Gedichten. Der Ansatz an sich ist gut, aber die Informationen haben mich nicht wirklich „vom Hocker gerissen“. So hätte ich mir zum Beispiel eine Liste (mit Links) aller erwähnten Bücher gewünscht – diese habe ich aber nicht gefunden (obwohl sie im Buch auf der letzten Seite angekündigt wird).

Es geht also noch besser. Und genau als ich an diesem Gedanken angekommen war, lief durch meine Twitter-Timeline die Vorstellung des Projektes #sobooks auf der Frankfurter Buchmesse. Bei #sobooks soll es um nichts geringeres gehen, als um die Zukunft des E-Books an sich. Ein hohes Ziel, die Frage ist, ob die Sobooks-Gründer (darunter Sascha Lobo und Christoph Kappes) dieses Ziel tatsächlich erreichen werden.

Ausgangspunkt „meiner“ Twitterdiskussion war das Thema „Gespräche über Bücher“. Ich spreche gerne über Bücher und bei vielen Gesprächen habe ich auch wieder tolle Lesetipps erhalten. Ganz selten führe ich aber ein Gespräch über ein konkretes Buch, meist verläuft es eher so:

(1) in einem Gespräch über ein bestimmtes Thema fallen mir und/oder meinen Gesprächspartnern Bücher ein, die gut zu diesem Thema passen.

(2) ausgehend von einem bestimmten Buch („Hast Du schon …. gelesen …?“) bewegt sich das Gespräch zu weiteren interessanten Büchern und Themen.

Ein Gespräch über ein Buch, fühlt sich da eher beschränkend an – so im Sinne von „nur über ein einziges Buch?“. Insofern kann ich mir nicht wirklich vorstellen, auf einer Plattform über ein konkretes E-Book zu diskutieren. Aber das mag zu kurz gedacht sein.

Spannend ist für mich auch die Frage, wie man ganz unterschiedliche Buchtypen in eine inhaltlich interessante E-Book-Welt bringen kann. In meinem Twitteraustausch mit Martin Lindner hatte ich schon an Fachbücher, Lehrbücher und Romane gedacht. Martin schlug dann sieben unterschiedliche Typen/Beispielstexte vor, für die man  ein „Spektrum“ der Nutzungsmöglichkeiten aufzeigen könnte. Ja, das fände ich spannend und da sehe ich – über das oben angeführte „Hybridbook“ hinaus gute Chancen.

Beispiel: vor Jahren gab es den Film „Smoking / No Smoking“ – ausgehend von der Frage „Zigarettenpause ja oder nein“ entwickelten sich unterschiedliche Geschichten. Während im Kino dafür zwei völlig getrennte Filme notwendig waren (sozusagen ein zweiteiliger Kinofilm), wäre es mit einem E-Book durchaus möglich unterschiedliche Handlungsvarianten – je nach Wahl des Leser – mitzudenken. Das könnte für einen Roman oder auch für einen Krimi eine spannende Sache sein.

Etwas irritierend fand ich in dem Zusammenhang die Aussage zu #sobooks, daß die Bücher kürzer, dichter und serieller werden sollen. Während ich mit „kürzer“ (je nach Text und Thema) durchaus etwas anfangen kann, sind „serieller“ und „dichter“ für mich nicht unbedingt positive „Buchwerte“. Ich möchte meine Bücher eigentlich weder in kleinen „Häppchen“ haben noch möchte ich auf sinnvolle Einführungen und Übergänge verzichten. Aber das ist sicherlich Geschmackssache.

Und ganz ehrlich: meinen heiß und innig geliebten gedruckten Büchern möchte ich trotzdem treu bleiben!

#debatte beim ZDF

Gestern habe ich – eher zufällig – die neue Sendung „Debatte“ beim ZDF mitbekommen. Richtig begeistert war ich nicht, trotzdem denke ich, daß das Format durchaus interessante Ansätze hat.

Was hat mich gestern gestört?
1. Die Frage: Der Trailer zur Sendung stellte ganz stark auf das Thema „Rente“ ab. Durchaus ein wichtiges Thema. Die konkret formulierte Frage lautete jedoch „Leben die Alten auf Kosten der Jungen“ – eine solche Frage kann man auf das Thema Rente beziehen, man kann sie jedoch auch weiter verstehen. Die Antworten der Gäste während der Sendung machten das deutlich. Eine richtige Debatte hätte insofern eine eindeutigere Frage benötigt.

2. Die Gäste: ausgehend von der Frage „Leben die Alten auf Kosten der Jungen“ fehlte mir die eindeutige Pro- oder Kontra-Zuordnung. Weder die „Alten“ noch die „Jungen“ konnten mit dieser Frage ihrer Pro- bzw. Kontra-Rolle gerecht werden. In den vierminütigen Statements sprachen alle von anderen Aspekten – von Gesellschaft, Wirtschaft, Markt, Bankenrettung, Staatsverschuldung ….. Wenn schon beim „Eingangsstatement“ keine wirkliche Pro- oder Kontra-Haltung zu erkennen ist, dann ist die Debatte irgendwie schwierig. Lag es nur an der Frage? Oder lag es auch an den Gästen selbst?

3.  Die Länge der Statements: grundsätzlich fand ich die Idee gut, daß die Gäste ausreden durften. Die Dauer der Eingangsstatements fand ich – als Zuhörerin – allerdings sehr lang. Gerade die Zeit von 4 Minunten verleitet dazu, alle Themen, die man irgendwie unterbringen möchte, irgendwie anzusprechen – und das ist leider auch passiert. Eine Fokussierung auf die eigentliche Frage fand nur teilweise statt (wobei die Frage dazu ja auch „eingeladen“ hat).

4. Die Diskussionskultur: etwas genervt war ich, als die Älteren rhetorisch „zuschlugen“. Erst ließ Beck die Jüngeren praktisch nicht mehr zu Wort kommen (wie war das mit der Prämisse „wir lassen alle ausreden“?), dann taten sich Beck und Geißler gegenseitig mit „das geht ohnehin nicht“, „das ist nicht konsensfähig“ und ähnlichen Äußerungen hervor. Ja, das mag durchaus so sein – aber eine Aussage „das geht ohnehin nicht“ tötet jede Diskussion ab. An der Stelle hätte ich mir ein Eingreifen des Moderators gewünscht („warum geht das nicht?“) – um über Inhalte zu sprechen und nicht über Politikerfahrung.

5. Darbringung der Beiträge: eine solche Sendung steht und fällt ganz stark mit der rhetorischen Kompetenz der Gäste. Hier zeigten sich teilweise Schwächen, die durchaus (z.B. Nocun) mit dem Alter und der Nervosität zusammenhängen. Ich fand es schon „etwas mühsam“ dem Startbeitrag zu folgen, auch wenn ich die Argumente inhaltlich nachvollziehen konnte. Vielleicht sollte man dies bei der Gästeauswahl angemessen berücksichtigen, damit die Gäste auch ene faire Chance haben.

6. Abstimmung: ich persönlich hätte bei der Frage nicht wirklich pro oder kontra abstimmen können bzw. wollen. Und ganz ehrlich: mich hat weder das Ergebnis der Startabstimmung noch das Endergebnis wirklich interessiert.

7. Einbeziehung des Publikums: gut fand ich, daß das Publikum fragen stellen konnte und diese Möglichkeit auch genutzt hat. Das war eigentlich der Teil, der mir noch am besten gefallen hat, da es hier eben nicht darum ging, daß die Gäste sich gegenseitig „vorführen“ oder gegenseitig vorhalten, was doch alles nicht geht. Die Fragen aus dem Publikum fand ich auch ausgesprochen gut.

8. Social-Media-Einbindung: Tweets als Laufband fand ich eine gute Idee, das hätte man aber länger machen können, schließlich gab es unter #debatte genügend Tweets zum Thema. So war es nur eine sehr kleine Auswahl, die da langlief. Die Abstimmung per Twitter hat mich etwas genervt, da ich unter dem Hashtag #debatte dann vor allem die Pro- und Kontra-Stimmen durchscrollen mußte. Hier würde ich mir (wenn die Abstimmung so wichtig ist) eine andere Lösung wünschen, sonst macht das Mitdiskutieren unter dem Hashtag nicht wirklich Spaß.

Nächste Runde? Mal sehen, was das ZDF aus dem Format macht. Ob ich die nächste Sendung schaue hängt sicherlich stark vom Thema ab.

Kennen Sie TINA?

TINA geistert bereits seit geraumer Zeit durch Deutschland und vor allem durch die deutsche Politik. Und je mehr sich Menschen (egal ob Politiker/Politikerinnen oder nicht) auf TINA berufen, desto mehr Zweifel kommen mir. Halt – Sie wissen noch nicht, wovon ich spreche? TINA – die Abkürzung für „There Is No Alternative“ – in der deutschen Sprache beliebt als „es gibt keine Alternative“ oder „alternativlos“.  Der Ausdruck der „Alternativlosigkeit“ – auch als TINA-Prinzip bezeichnet – kennzeichnet ein irritierendes Weltbild, nämlich eine Welt in der es jeweils nur einen einzigen möglichen Weg gibt.

Aber ist das wirklich so? Gibt es wirklich in der heutigen Welt so viele Situationen, die nur einen Weg zulassen? Das ist die Frage, die mich schon seit einiger Zeit immer wieder beschäftigt und beim Nachdenken fielen mir relativ schnell folgende „Begriffspaare“ ein, die eine Auswahl gerade beinhalten:

Sein oder Nichtsein
offen oder zu
Kaffee oder Tee?
bleiben oder gehen
rauchen oder nicht rauchen
Alles oder nichts
Kopf oder Zahl
schwarz oder weiß
alt oder jung
arm oder reich
ja oder nein
wahr oder falsch?
reden oder schweigen
Gewinner oder Verlierer?

In all diesen Beispielen haben wir die Wahl – ja oder nein zu sagen, zu gehen oder zu bleiben, zu schweigen oder zu reden. Jede Entscheidung hat (natürlich) ihre Konsequenzen. Und manche dieser Konsequenzen werden wir lieber tragen als andere, manche Konsequenzen werden wir lieber vermeiden wollen. Aber in vielen Bereichen haben wir auch Spielraum – erst einen Kaffee, dann einen Tee, noch etwas bleiben und dann gehen, eine faire Lösung für alle Beteiligten vereinbaren (win-win). Warum tritt TINA also so oft „auf den Plan“? Der Begriff „alternativlos“ hinterläßt bei mir das unangenehme Gefühl, daß es überhaupt keine Alternative gibt (geben soll?) und dementsprechend auch keine Diskussion über das Thema notwendig ist und entsprechend werden zur Zeit auch Diskussionen zu manchen Themen (die ich wichtig finde) einfach „beendet“.
Erfreulicherweise wurde der Begriff „alternativlos“ – mit einer aus meiner Sicht ausgezeichneten Begründung – zum Unwort des Jahres 2010 gewählt. Eine „gute“ Wahl – aber wer erinnert sich wirklich noch daran? Vor allem: wer von uns stellt die angebliche „Alternativlosigkeit“ in Frage?

Zugegeben viele Entscheidungen, die wir heute treffen müssen, sind nicht so „banal“ wie die Frage „Kaffee oder Tee“. Und nein, ich beneide niemanden, der zur Zeit schwierige politische oder wirtschaftliche Entscheidungen treffen muß. Das ist eine große Verantwortung – und es gibt zwei Aspekte, die mir in diesem Zusammenhang wichtig sind:

1. Verantwortung: Schmid und Messmer haben in einem Beitrag hervorragend ausgearbeitet, daß Verantwortung in einer Funktion vor allem heißt, Antworten zu geben. Dazu gehört es, antworten zu wollen und zu können (persönliche Ebene) und auch antworten zu dürfen und zu müssen (Ebene der Organisation). Mir fehlen derzeit die Antworten zu ganz vielen Themen und das ist traurig, denn so habe ich nicht das Gefühl, daß die Entscheider ihre Verantwortung mir gegenüber wirklich wahrnehmen. Sätze mit denen Diskussionen als „beendet“ erklärt werden lassen mich traurig und ratlos zurück. Warum soll ich Menschen wichtige Aufgaben anvertrauen, wenn sie mir auf meine wichtigen Fragen, keine Antworten geben? Dabei geht es mir nicht nur um „inhaltliche“ Antworten – auch das Eingestehen noch keine eigenen Antworten zu haben ist für mich eine Antwort, mit der ich etwas anfangen kann.

2.“weiter so“: Beständigkeit ist in vielen Situationen eine sehr gute Sache. Aber – wie Cialdini in seinem Buch „Influence – The Psychology of Persuasion“ ausführt – hindert sie uns auch daran, Dinge in Frage zu stellen und „auszusteigen“ bzw. „nein“ zu sagen, wenn wir uns einmal verpflichtet haben. Das „Nein“ oder der „Ausstieg“ erscheinen uns dann oft eben nicht mehr als Alternative. Aber „alternativlos“ sind solche Situationen nicht. Zusätzlich zu den fehlenden Antworten fehlt mir hier bei vielen Themen die Bereitschaft, alle möglichen Alternativen zu durchdenken und dann eine Entscheidung zu treffen.

Zurück zu TINA: Nein, ich finde nicht, daß es so viele „alternativlose“ Situationen gibt (wenn überhaupt). TINA ist allerdings bequem, wenn man keine Diskussionen führen möchte, wenn man nicht begründen möchte, warum man an einer Entscheidung festhalten möchte („consistency“) – es ist das „Basta“ der Entscheider gegenüber den Bürgern und es fühlt sich genauso schlecht an, wie das „basta“ oder „darum“ von Erwachsenen gegenüber Kindern. Dabei schleicht sich dann die Frage ein: ist das das Bild, das Menschen in der Politik von anderen Menschen – insbesondere von Bürgern (also von potentiellen Wählern) – haben?

Kein wirklich schönes Bild ….. Aber: glücklicherweise verbleibt uns zumindest – wie Viktor Frankl es so treffend formuliert hat – eine Entscheidung: wir treffen die Wahl, welche Haltung wir einnehmen!

Auf dem Weg zur Crowd University?

In den letzten Tagen und Wochen habe ich immer wieder den Hashtag #ununitv verwendet. Viele werden das schon mitbekommen haben – einige werden vielleicht sogar schon genervt sein (wofür ich durchaus Verständnis habe). Aber – so kurz vor Toresschluß – möchte ich mich noch einmal ein bißchen ausführlicher schreiben, warum ich das Projekt unterstütze – ja, warum es mir regelrecht am Herzen liegt!

Meine Uni-Zeit liegt ja schon ein paar Jahre zurück. Ich war sehr gerne an der Uni und ich habe vor allem die Möglichkeit geliebt (und auch rege wahrgenommen), andere Bereiche kennenzulernen. Ich war in Sprachkursen (Englisch, Französisch, Spanisch, Schwedisch), ich habe Vorlesungen zu „Randthemen“ gehört (z.B. zu Nahostrecht, Menschenrechten in Afrika, ökonomischer Analyse des Rechts) und ich war auch länger im Ausland. Gerade die vermeintlichen Randbereiche (Urheberrecht war zu meiner Studienzeit noch ein richtiges Orchideenfach) haben sich in späteren Zeiten oft als richtige Glücksfälle herausgestellt: in den letzten Jahren habe ich sowohl meine Fremdsprachenkenntnisse als auch mein Wissen im Urheberrecht gut einsetzen können.

Nach der Uni (und natürlich dem Referendariat) kam die Zeit der Selbständigkeit. Dies war plötzlich eine Zeit, in der Anregungen zu neuen Themen nicht mehr so selbstverständlich kamen. Mein Umfeld hatte sich verändert und Anreize, sich auch mit völlig anderen Themen auseinanderzusetzen, fand ich nicht überall. Meine virtuelle Heimat und diese spannenden Anregungen fand ich dann bei den webgrrls. Sie begleiten mich schon seit dem Jahr 2000 und ich habe viel aus den jeweiligen Diskussionen und Gesprächen gelernt – über das Internet und die virtuelle Welt, über neue Themenbereiche und natürlich auch über mich.

Natürlich ist die Welt seitdem nicht stehengeblieben! Im Internet entwickelten sich die virtuellen Netzwerke und ich entdeckte im Laufe der Zeit Xing, Twitter und zuletzt auch G+. Persönlich beschäftigte ich mich in der Zeit mit Erwachsenenbildung, Elearning und Mediation. Ja, Weiterbildung ist mir persönlich – immer noch – sehr wichtig. Aber die Art und Weise der Weiterbildung hat sich schon geändert. Während früher die formale Bildung (Vorlesungsschein, Zertifikat, Prüfung etc.) stark im Vordergrund stand, geht es mir jetzt oft stärker um die Frage, ob bzw. wie ich mich dabei entwickle (und natürlich auch verändere).

Wenn man das alles zusammen nimmt, dann kommt eine ganz skurrile „Wunschliste“ heraus:
– virtuelle Vernetzung (wobei ich mich auch über reale Treffen freue)
– Offenheit und Neugier
– gemeinsames Entdecken und Experimentieren
– Neues ausprobieren
– gemeinsames Entwickeln von Ideen und Angeboten
– zufälliges Finden und Entdecken von neuen Themen und Ideen (Serendipity halt)
– neuen Menschen und neuen Ideen/Ansätzen begegnen
– ausprobieren, notfalls scheitern, verbessern
– offenes und wirklich wertschätzendes Feedback bekommen
– neue Themen und Bereiche mitgestalten
– Interaktion und interaktive Formate
– Verantwortung übernehmen

Und was hat das mit der Überschrift „Crowd University“ zu tun? Im Mittelalter wurde Universität als Gemeinschaft von Lernenden und Lehrenden verstanden. Diese Gemeinschaft, die wir heute in Begriffen wie Kollaboration, Kooperation und Crowd voraussetzen, ist in der heutigen Uni meines Erachtens „etwas“ verloren gegangen. Aber der Gedanke, daß wir gemeinsam lernend und lehrend an Themen arbeiten, hat für mich eine große Faszination – vor allem wenn ich dies thematisch nicht auf die konkrete Ausbildung zu einem Beruf beziehe, sondern auf die vielen Fähigkeiten und Kompetenzen, die uns heute (beruflich und persönlich) weiterhelfen.

Genau diese lernende Gemeinschaft sehe ich bei #ununitv. Anja C. Wagner hat das an vielen Stellen gut formuliert:
– im Interview mit Julian Grandke
– in diversen Videoschnipseln
– im Interview mit t3n

Zum Tragen kam dieses Gefühl aber gerade auch in der gemeinsamen Arbeit – z.B. in den sehr kreativen Angeboten zum Crowdfunding:
– von L3T
– von Andrea Brücken
– von Ellen Trude
Und das sind jetzt nur drei Beispiele! Die viele guten Ideen, Gespräche und Hangouts lassen sich gar nicht in ein paar Zeilen zusammenfassen!
Mehr zu #ununitv findet man hier und auch in der offenen G+Community!

Ja, und irgendwie passen meine Vorstellungen und die bisher erlebte Arbeitsweise von #ununitv da sehr gut zusammen. Umso mehr freue ich mich, daß die webgrrls #ununitv unterstützten und um so mehr liegt es mir am Herzen, daß #ununitv bis Sonntag das Crowdfunding erfolgreich abschließt. Ich freue mich über jede/jeden, der/die uns hilft das Ziel zu erreichen!

Die Geister, die ich rief ….

…. die möchte ich gar nicht mehr loswerden!

Herzlichen Dank für die vielen Reaktionen auf meinen Blogbeitrag „Das virtuelle Schulterklopfen…„. Viele von Ihnen/Euch haben sich die Mühe gemacht, mir ihre Sicht der Fav-Nutzung zu schildern. Vorweg: es ging mir nicht darum, die Fav-Nutzung zu verdammen oder zu verbieten. Mir war es einfach wichtig, auf die unterschiedliche Wirkung von „fav“ und „RT“ hinzuweisen.

Marie-Christine Schindler hat das in ihrem Tweet mit einem sehr schönen Bild erklärt.

Gerade die vielen Reaktionen im Hinblick auf die Fav-Nutzung fand ich sehr spannend. Ich möchte daher kurz zusammentragen, was ich für mich daraus gelernt habe:

– viele benutzen die Fav-Funktion als Lesezeichen, um einen Beitrag zu einem späteren Zeitpunkt in Ruhe zu lesen. Der „fav“ ist in diesem Fall keine Zustimmung (ich persönlich empfinde dies als „positive Aussonderung“ aus der großen Menge der Beiträge). Bei manchen landen die gefavten Tweets sogar direkt in Evernote. Danke für diese Hinweise an Martina Bloch und Esther Debus-Gregor (deren G+-Antwort, ich hier leider nicht verlinken kann).
Gaby Becker machte mich darauf aufmerksam, daß der „Share-Button“ beim mobilen Lesen oft nicht erreichbar ist (dieses Problem habe ich glücklicherweise nicht!).
Tobias Gillen wies mich darauf hin, daß die gefavten Tweets auch öffentlich sichtbar sind. Das ist natürlich richtig. Aber ich bekomme es eben nicht unmittelbar mit, wenn jemand aus meiner Timeline einen Beitrag mit einem „fav“ versieht und – ganz ehrlich – ich habe mir die Favs anderer Twitterer bisher noch nie angeschaut.
– sehr spannend waren auch die Vermutungen, warum immer stärker gefavt wird: während Ute Klingelhöfer schlicht und einfach vermutet, daß wir zu faul sind, hält MarenMartschenko es für möglich, daß regelmäßiges Plussen und Liken zu verstärktem Faven führt.
Roma Maria Mukherjee führte als möglichen Grund für die bevorzugte Fav-Nutzung auch noch an, daß viele Retweets Follower kosten könnten. Ich bin da ehrlich gesagt skeptisch. Die Frage ob ich jemandem folge oder nicht, entscheidet sich aus dem Gesamtbild. Wenn jemand nur retweetet (und diese Retweets für mich kein oder wenig Interesse haben), dann werde ich dem-/derjenigen auch nicht folgen. Andererseits ist es eben auch schade, wenn jemand gute Beiträge, die er/sie gelesen hat, nicht teilt. Wenn das Gesamtbild für mich paßt, dann sind auch die Retweets für mich in Ordnung – auch wenn mich nicht alle davon interessieren. Und ganz provokant kann ich mir natürlich auch die Frage stellen: habe ich die richtigen Follower, wenn sie mich wegen des Retweetens von Beiträgen, die ich für wichtig bzw. spannend halte, entfolgen?
– Probleme bereitet es natürlich immer wieder, wenn die Tweets, die man gerne retweeten würde, einfach schon sehr lang sind. Der Tipp ist natürlich, die Tweets eher kurz zu fassen, damit sie retweetet werden können. Darauf wiesen Marie-Christine Schindler und Gaby Becker ausdrücklich hin. Aber was soll man tun, wenn der Tweet nun einmal ziemlich lang?
– Über die Frage, ob man einen Tweet kürzer darf oder nicht, kamen wir dann auch zu der Frage, ob bzw. welche rechtlichen Risiken denn mit dem Retweet verbunden sein könnten. Danke an Ralph Scholze, der diesen Aspekt aufwarf. Ich werde dazu demnächst sicher noch etwas schreiben. Ich persönlich retweete in der Regel nur Beiträge, in die ich selbst reingeschaut habe. Einen Link retweete ich eben auch erst dann, wenn ich weiß, was sich auf der verlinkten Seite befindet. Ja, das ist keine hundertprozentige Sicherheit – aber ein bißchen (rechtliches) Risiko ist halt immer dabei.

War das alles? Nein, bestimmt nicht und ganz bestimmt habe ich Rückmeldungen übersehen und wichtige Aspekte nicht genannt. Ich für meinen Teil werde es wie Frank W. Hamm halten: der „fav“ ist für mich die stille Zustimmung und ich werde das, was ich spannend finde, mit meiner Timeline über den Retweet teilen.